15/1.1 Rechtslage vor der Kindschaftsrechtsreform 1998

Autor: Grün

Nach dem bis zum 30.06.1998 geltenden Recht war die Vaterschaftszuordnung mit dem abstammungsrechtlichen Status des Kindes als eheliches oder nichteheliches Kind verknüpft.

Ein nach der Eheschließung geborenes Kind war nach § 1591 BGB a.F. eheliches Kind des mit der Mutter verheirateten Ehemannes. Hierzu arbeitete das Gesetz mit einer zweifachen Vermutung: Zum einen galt die Vermutung, dass ein Kind, das nach der Eheschließung geboren wurde, ein eheliches Kind dieser Ehe war, wenn die Frau es vor oder während der Ehe empfangen und der Mann innerhalb der Empfängniszeit der Frau beigewohnt hatte (Ehelichkeitsvermutung des § 1591 Abs. 1 BGB a.F.). Zum anderen bestand die gesetzliche Vermutung, dass der Mann innerhalb der Empfängniszeit der Frau beigewohnt hatte (Beiwohnungsvermutung des § 1591 Abs. 2 BGB a.F.).

Dies galt selbst dann, wenn die Ehe zum Zeitpunkt der Geburt bereits geschieden war, sofern die Empfängniszeit des § 1592 BGB a.F. in die Zeit vor Rechtskraft des Scheidungsausspruchs zurückreichte, es sei denn, die Mutter war zum Zeitpunkt der Geburt wieder in neuer Ehe verheiratet, so dass die Ehelichkeitsvermutung bzgl. des neuen Ehemannes eingriff. In solchen Fällen sogenannter "nachgeborener scheinehelicher Kinder" war es nach damaligem Recht erforderlich, dass die Ehelichkeit des Kindes angefochten und die Nichtehelichkeit gerichtlich festgestellt werden musste (§ 1593 BGB a.F.).