OLG Frankfurt/Main - Urteil vom 06.12.1995
3 UF 184/95
Normen:
BGB § 1601 § 1603 Abs. 3 S. 2 § 1629 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 ;
Fundstellen:
FamRZ 1996, 888

Anwendbarkeit von § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB bei Geltendmachung von Kindesunterhalt trotz gemeinsamer elterlicher Sorge

OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 06.12.1995 - Aktenzeichen 3 UF 184/95

DRsp Nr. 1996/22934

Anwendbarkeit von § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB bei Geltendmachung von Kindesunterhalt trotz gemeinsamer elterlicher Sorge

1. Im Gegensatz zu der Regelung des § 1629 Abs. 3 BGB (Prozeßstandschaft) ist § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB auch dann anwendbar, wenn den Eltern nach der Scheidung die elterliche Sorge gemeinsam zusteht und der Elternteil, bei dem das Kind hauptsächlich lebt, Unterhalt gegen den anderen Elternteil geltend machen will.2. Die Situation bei gemeinsamer elterlicher Sorge nach Scheidung ist insofern mit derjenigen vergleichbar, in der getrenntlebende Eltern noch die gemeinsame Sorge haben.3. Trotz bestehender gemeinsamer Sorge ist der Elternteil, bei dem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält (hier zweimal in der Woche nachmittags und alle 14 Tage übers Wochenende) verpflichtet, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben. Arbeitet der Elternteil tatsächlich nur Teilzeit, so ist ihm das bei einer vollschichtigen Tätigkeit erzielbare Einkommen fiktiv zuzurechnen.4. Bei einer Einkommenssituation von rund 6.000 DM netto auf Seiten des Elternteils, bei dem das Kind lebt, und von rund 2.775 DM (fiktiv) bei dem anderen Elternteil muß sich auch der betreuende Elternteil an dem Barunterhalt des Kindes beteiligen.5. Der Bedarf des Kindes ist aus dem Verdienst des in Anspruch genommenen Elternteils und dem Mehrverdienst des betreuenden Elternteils zu ermitteln.