BVerfG - Urteil vom 24.07.1963
1 BvL 30/57; 1 BvL 11/61
Normen:
AVG § 43 § 44 Abs. 2 ; GG Art. 3 Abs. 2, Abs. 3 Art. 6 Abs. 1 ;
Fundstellen:
BVerfGE 17, 1
BayVBl 1963, 351
DÖV 1965, 287
FamRZ 1963, 496
JuS 1963, 491
JZ 1963, 434
NJW 1963, 1723
Vorinstanzen:
SG Düsseldorf, vom 08.03.1961 - Vorinstanzaktenzeichen S 12 An 302/60
SG Oldenburg, vom 24.10.1957 - Vorinstanzaktenzeichen 58 J - 168/57

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung der Witwen- und Waisenversorgung

BVerfG, Urteil vom 24.07.1963 - Aktenzeichen 1 BvL 30/57; 1 BvL 11/61

DRsp Nr. 1996/7616

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung der Witwen- und Waisenversorgung

»1. Art. 3 Abs. 2 GG gebietet, die Arbeit der Frau als Mutter, Hausfrau und Mithelfende mit ihrem tatsächlichen Wert als Unterhaltsleistung zu berücksichtigen; dieses Gebot war vom Tage nach der Verkündung des Grundgesetzes an für den Gesetzgeber verbindlich.2. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist bei bevorzugender Typisierung weiter als bei benachteiligender Typisierung.3. Die erschwerende Voraussetzung der Witwenrente gegenüber der Witwenrente in § 43 AVG n.F. (überwiegendes Bestreiten des Unterhalts der Familie durch die verstorbene Ehefrau) ist mit Art. 3 Abs. 2 und 3 GG vereinbar.4. Die erschwerende Voraussetzung der Waisenrente und des Kinderzuschusses in § 44 Abs. 2 AVG n.F. und § 1262 Abs. 5 RVO n.F. allein für die Kinder von Ehefrauen (überwiegend Unterhaltsleistung der Mutter) ist mit Art. 3 Abs. 2 und 3 und mit Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar.«

Normenkette:

AVG § 43 § 44 Abs. 2 ; GG Art. 3 Abs. 2, Abs. 3 Art. 6 Abs. 1 ;

Gründe:

A.

In der Sozialversicherung der Angestellten wie der Arbeiter erhält nach dem Tode des versicherten Ehemannes die Witwe ohne weiteres Witwenrente. Hingegen ist nach dem Tode der versicherten Ehefrau der Anspruch des Mannes auf Witwerrente von den früheren beiderseitigen Unterhaltsleistungen abhängig; hierüber bestimmt