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Energieversorger müssen Stromnetze verkaufen

Künftig können Gemeinden die Strom- und Gasnetze in Eigenregie betreiben. Bei Auslaufen der Konzession haben sie einen Übereignungsanspruch gegen das Energieversorgungsunternehmen.

BGH, Urt. v. 29.09.2009 – EnZR 14/08 und EnZR 15/08

Darum geht es:

Die HEAG Südhessische Energie AG (HSE), ist Eigentümerin der Stromleitungen in der Gemeinde Seeheim-Jugenheim. Ihre Rechtsvorgängerin hatte im Jahre 1991 mit der Gemeinde einen Vertrag über die Nutzung öffentlicher Verkehrswege für die Leitungsverlegung (Konzessionsvertrag) geschlossen. Darin ist bestimmt, dass die Gemeinde bei Ablauf des Vertrags berechtigt ist, die für die Versorgung des Gemeindegebiets notwendigen Leitungen und Anlagen gegen Erstattung ihres Wertes zu erwerben.

Aufgrund einer Neuausschreibung des Wegenutzungsrechts im Jahre 2005 hat die Gemeinde die Konzession ab 01.01.2006 an die GGEW Gruppen-Gas- und Elektrizitätswerk Bergstraße AG, ein kommunales Energieversorgungsunternehmen, vergeben.

Die HSE hat sich darauf berufen, dass das Gesetz inzwischen einen auf Überlassung des Netzes gerichteten Anspruch vorsieht, der dem weichenden Energieversorger die Wahl lasse, ob er diesen Anspruch durch Übereignung oder Verpachtung erfülle. Im Hinblick auf diese Gesetzesänderung sei auch der vertragliche Anspruch so umzudeuten, dass ihr ein Wahlrecht – Übereignung oder Verpachtung – zustehe.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Der BGH entschieden, dass die GGEW von der HSE aus abgetretenem Recht der Gemeinde die Übereignung der Stromleitungen und Verteilungsanlagen verlangen kann.

Dieser Anspruch ergebe sich aus dem zwischen der HSE und der Gemeinde im Jahre 1991 geschlossenen Konzessionsvertrag.

Die HSE sei an diese Verpflichtung auch nach den Novellen des Energiewirtschaftsrechts von 1998 und 2005 gebunden. Dass die Überlassungspflicht des weichenden Energieversorgers inzwischen in § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG gesetzlich geregelt worden sei, habe hieran nichts geändert. Insbesondere sei die vertragliche Pflicht zur Eigentumsübertragung nicht in eine auch durch Verpachtung erfüllbare Pflicht zur Gebrauchsüberlassung abgeändert worden.

Ob der neue Energieversorger daneben einen gesetzlichen Eigentumsübertragungsanspruch nach § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG hat oder ob die dort geregelte Verpflichtung zur "Überlassung" der Verteilungsanlagen auch durch Verpachtung des Netzbetriebs erfüllt werden kann, hat der Bundesgerichtshof offen gelassen.

In dem Verfahren EnZR 15/08 hat der Bundesgerichtshof die HSE aufgrund eines gleich gelagerten Sachverhalts für verpflichtet gehalten, der Energieried GmbH & Co. KG das Gasversorgungsnetz in Bürstadt zu übereignen.

Quelle: BGH - Pressemitteilung vom 29.09.09