Sozialrecht, Familienrecht -

Erwerbsminderungsrente bei Erziehungszeiten im EU-Ausland 

Das EU-Recht auf Freizügigkeit kann dazu führen, dass in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegte Erziehungszeiten bei der Berechnung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu berücksichtigen sind. Das hat der EuGH entschieden. Im Streitfall bestand eine hinreichende Verbindung zwischen den Erziehungszeiten in den Niederlanden und den Versicherungszeiten in Deutschland.

Darum geht es

Eine deutsche Staatsangehörige, die in den Niederlanden gelebt hatte und wieder in Deutschland lebt, erhält dort eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. 

Sie wendet sich vor den deutschen Gerichten dagegen, dass die Erziehungszeiten, die sie für ihre beiden Kinder in den Niederlanden zurückgelegt hatte, bei der Berechnung dieser Rente nicht berücksichtigt wurden.

Das mit dem Rechtsstreit befasste Gericht wollte vom EuGH wissen, ob diese Nichtberücksichtigung von in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Erziehungszeiten mit dem Unionsrecht vereinbar ist. 

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der EuGH hat zunächst festgestellt, dass die Betroffene die in den europäischen Rechtsvorschriften über die Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit aufgestellten Voraussetzungen für die Berücksichtigung dieser Zeiten nicht erfüllt. 

Sie hat nämlich weder vor noch zu dem Zeitpunkt, zu dem sie mit der Erziehung ihrer Kinder begonnen hat, in Deutschland eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt. Dagegen hat sie dort sowohl vor als auch nach diesen Zeiten Versicherungszeiten für Ausbildungs- oder Beschäftigungszeiten zurückgelegt. 

Des Weiteren hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass Deutschland derjenige Mitgliedstaat ist, der für die Gewährung der fraglichen Rente ausschließlich zuständig ist. 

Die Betroffene hat in den Niederlanden nämlich keinen Anspruch auf eine solche Rente, da sie dort nie gearbeitet hat. Damit können die streitigen Zeiten dort nicht berücksichtigt werden. 

Bei einer solchen Sachlage ergibt sich aus dem Recht der Unionsbürger, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, dass der für die Rente wegen voller Erwerbsminderung leistungspflichtige Mitgliedstaat (im vorliegenden Fall Deutschland) die Erziehungszeiten zu berücksichtigen hat, die in einem anderen Mitgliedstaat (im vorliegenden Fall den Niederlanden) zurückgelegt wurden. 

Bei der in Rede stehenden Sachlage besteht nämlich eine hinreichende Verbindung zwischen den Erziehungszeiten und den Versicherungszeiten, die die Betroffene aufgrund einer Berufstätigkeit im für die Rente leistungspflichtigen Mitgliedstaat zurückgelegt hat. 

Dass sie in diesem Mitgliedstaat während bestimmter Zeiten, die nach seinem nationalen Recht Versicherungszeiten gleichgestellt sind, keine Beiträge entrichtet hat, insbesondere weder vor noch unmittelbar nach den Erziehungszeiten, lässt das Bestehen einer solchen Verbindung nicht entfallen.

EuGH, Urt. v. 22.02.2024 - C-283/21 

Quelle: EuGH, Pressemitteilung v. 22.02.2024

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