Hinterbliebenenrente: Verjährungseinrede rechtsmissbräuchlich?

Ansprüche auf Hinterbliebenenrente verjähren nach vier Jahren. Die Erhebung der Verjährungseinrede ist nicht rechtsmissbräuchlich, soweit der Berufsgenossenschaft keine Fehler oder Versäumnisse anzulasten sind. Das hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschieden. Im Streitfall hatte die Tochter eines Opfers des sog. „Todespflegers“ Niels H. geklagt. 

Darum geht es

Geklagt hatte eine Frau aus Delmenhorst, deren Vater im August 2003 wegen eines Herzinfarktes im Krankenhaus behandelt wurde. 

Dort erhielt er von dem als „Todespfleger“ bekannt gewordenen Niels H. ein Medikament, das zu einer reanimationspflichtigen Notsituation führte und in dessen Folge der Mann verstarb.

Die zuständige Berufsgenossenschaft (BG) erfuhr im November 2014 durch einen Medienbericht von den Vorgängen. Zu dieser Zeit meldete sich auch die Tochter bei der Staatsanwaltschaft (StA) und berichtete vom damals überraschenden Tod ihres Vaters. 

Im Rahmen einer Vorprüfung entschied die Berufsgenossenschaft, zur Ermittlung der potentiellen Opfer zunächst die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abzuwarten. 

Nach Auswertung der Prozessakten und Einkommensprüfung gewährte die Berufsgenossenschaft eine Hinterbliebenenrente, die sie rückwirkend ab dem Jahre 2010 zahlte. Für die vorherige Zeit seien die Ansprüche jedoch verjährt.

Hiergegen wandte sich die Frau mit dem Argument, dass es nicht zu Lasten des Einzelnen gehen dürfe, wenn Schadensgroßereignisse nicht zeitnah aufgeklärt werden könnten. 

Lückenlose Aufklärung und Wiedergutmachung seien auch hinsichtlich weit zurückliegender Zeiträume geboten, wie etwa die Diskussion von Kindesmissbrauchsfällen zeige. 

Die Einrede der Verjährung habe daher als rechtmissbräuchlich zu gelten.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat die Rechtsauffassung der Berufsgenossenschaft bestätigt. 

Das hat Gericht hat entschieden, dass die Erhebung der Verjährungseinrede nicht rechtsmissbräuchlich ist, wenn der Verwaltung keine Fehler anzulasten sind.

Zur Begründung hat das Landessozialgericht ausgeführt, dass die vierjährige Verjährung erst ab Kenntnis der Berufsgenossenschaft im Jahre 2014 gehemmt war. Für die Zeiten vor 2010 sei die Einrede nicht als unzulässige Rechtsausübung zu bewerten. 

Der Berufsgenossenschaft seien keine Versäumnisse oder Verstöße gegen Ermittlungspflichten anzulasten, da sie unmittelbar nach Kenntnis der Vorgänge aktiv wurde und die leistungsberechtigten Personen ermittelt habe. 

Sie habe ihr Ermessen fehlerfrei gemäß dem Ermächtigungszweck ausgeübt. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 20.07.2023 - L 14 U 117/22

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Pressemitteilung v. 18.09.2023

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