LAG Sachsen-Anhalt - Urteil vom 01.12.2020
8 Sa 251/18
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3; BGB § 613a Abs. 1; TVöD-BT-V § 46 Nr. 4 Nr. 9.2.; TVöD -AT § 34; BAT-O § 19;
Vorinstanzen:
ArbG Dessau-Roßlau, vom 06.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 8 Ca 154/17

Auslegung des normativen Teils des TarifvertragsIdentitätswahrende Beschäftigungszeiten und anrechenbare BeschäftigungszeitenDispositionsfreiheit und Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien

LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 01.12.2020 - Aktenzeichen 8 Sa 251/18

DRsp Nr. 2022/10721

Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrags Identitätswahrende Beschäftigungszeiten und anrechenbare Beschäftigungszeiten Dispositionsfreiheit und Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien

1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. 2. Der Tarifvertrag unterscheidet zwischen Beschäftigungszeiten, die unter Wahrung der Identität des Arbeitgebers zurückgelegt worden sind, und solchen Beschäftigungszeiten, die im Wege der Anrechnung zu einer längeren Beschäftigungszeit führen. Verwendet der Tarifvertrag die Formulierung "bei demselben Arbeitgeber", ergibt die Auslegung, dass identitätswahrende Beschäftigungszeiten gemeint sind und nicht solche, die aufgrund anderer Umstände oder Vorschriften angerechnet werden können.