BVerfG - Beschluss vom 19.01.2022
1 BvR 2513/18
Normen:
RBStV § 4 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a); RBStV § 4 Abs. 6 S. 1; SGB II a.F. § 27 Abs. 4 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1;
Vorinstanzen:
VG Münster, vom 20.07.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 7 K 1671/14
OVG Nordrhein-Westfalen, vom 09.10.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 2 A 912/15

Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht als besonderer Härtefall aus Gründen des geringen Einkommens; Finanzierung des Lebensunterhalts eines Beitragspflichtigen durch einen Kredit bei der KfW statt durch Sozialleistungen hinsichtlich Verletzung des Gleichheitssatzes

BVerfG, Beschluss vom 19.01.2022 - Aktenzeichen 1 BvR 2513/18

DRsp Nr. 2022/3730

Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht als besonderer Härtefall aus Gründen des geringen Einkommens; Finanzierung des Lebensunterhalts eines Beitragspflichtigen durch einen Kredit bei der KfW statt durch Sozialleistungen hinsichtlich Verletzung des Gleichheitssatzes

1. Ein nachweislich den sozialrechtlichen Regelleistungen entsprechendes oder sogar noch unterschreitendes Einkommen musszur Begleichung von Rundfunkbeiträgen nicht eingesetzt werden.2. Die einer einkommensschwachen Person versagte Befreiung vom Rundfunkbeitrag verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, ohne dass der Staatsvertrag selbst verfassungswidrig wäre.3. Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht als Härtefall verlangt keine vorrangige Beantragung von Leistungen nach § 7 Abs. 5 in Verbindung mit § 27 Abs. 4 S. 1 SGB II.

Tenor

Der Widerspruchsbescheid des Westdeutschen Rundfunks vom 16. Juli 2014 - 640 956 667 -, das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 20. Juli 2015 - 7 K 1671/14 - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Oktober 2018 - 2 A 1912/15 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts werden aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.