BFH - Urteil vom 27.11.2019
III R 44/17
Normen:
EStG § 62, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3, § 52 Abs. 40 Satz 5 i.d.F. des StÄndG 2007; SGB IX § 2 Abs. 1 ; SGB XII § 53 Abs. 2;
Fundstellen:
BFH/NV 2020, 988
BStBl II 2020, 558
DStRE 2020, 852
FamRZ 2020, 1320
NJW 2020, 2357
Vorinstanzen:
FG Köln, vom 12.01.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 6 K 889/15

Begriff der Behinderung i.S. von § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG, SGB IX § 2 Abs. 1Kindergeldberechtigung eines an einer erblich bedingten Muskelerkrankung erkrankten Kindes

BFH, Urteil vom 27.11.2019 - Aktenzeichen III R 44/17

DRsp Nr. 2020/9806

Begriff der Behinderung i.S. von § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG, SGB IX § 2 Abs. 1 Kindergeldberechtigung eines an einer erblich bedingten Muskelerkrankung erkrankten Kindes

1. Für die Beurteilung des Merkmals "Behinderung" i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG ist die in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX enthaltene Legaldefinition in der im jeweiligen Streitzeitraum geltenden Fassung maßgeblich. 2. Der Behinderungsbegriff des § 2 Abs. 1 SGB IX i.d.F. bis 31.12.2017 setzt eine für das Lebensalter untypische gesundheitliche Situation voraus, die mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert und kausal zu einer Teilhabebeeinträchtigung führt. 3. Alle drei Tatbestandsmerkmale des Behinderungsbegriffes müssen vor Vollendung der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG geregelten Altersgrenze eingetreten sein und zusätzlich auch während des Zeitraums bestehen, für den der Kindergeldanspruch geltend gemacht wird. 4. Eine drohende Behinderung erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG. 5. Liegt bei einem Kind ein Gendefekt vor, der vor Erreichen der Altersgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG zu keiner mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauernden Funktionsstörung und/oder zu keiner darauf beruhenden Teilhabebeeinträchtigung geführt hat, scheidet ein auf die Behinderung gestützter Kindergeldanspruch aus.

Tenor