BVerfG - Beschluss vom 19.10.2022
1 BvL 3/21
Normen:
GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1; AsylbLG § 2 Abs. 1 S. 1 und S. 4 Nr. 1; SGB XII § 27a Abs. 4 S. 1 Nr. 1 -2 und S. 5;
Fundstellen:
D_V 2023, 219
NJW 2023, 37
NVwZ 2023, 246
ZAR 2023, 267

Einführen einer Sonderbedarfsstufe für alleinstehende und in einer Sammelunterkunft wohnende Erwachsene; Anerkennen eines Regelbedarfs eines Asylbewerbers in Höhe der niedriger bemessenen Regelbedarfsstufe 2; Erzielen von Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften in der Sammelunterkunft bzgl. Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums

BVerfG, Beschluss vom 19.10.2022 - Aktenzeichen 1 BvL 3/21

DRsp Nr. 2022/17023

Einführen einer "Sonderbedarfsstufe" für alleinstehende und in einer Sammelunterkunft wohnende Erwachsene; Anerkennen eines Regelbedarfs eines Asylbewerbers in Höhe der niedriger bemessenen Regelbedarfsstufe 2; Erzielen von Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften in der Sammelunterkunft bzgl. Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums

1. Der objektiven Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums korrespondiert ein Leistungsanspruch, im Fall der Bedürftigkeit materielle Unterstützung zu erhalten. Der Anspruch erstreckt sich auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Diese Sozialleistungen müssen fortlaufend realitätsgerecht bemessen werden, damit gesichert ist, dass tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge getragen wird. Sie können nicht pauschal nur auf der Grundlage der Vermutung abgesenkt werden, dass Bedarfe bereits anderweitig gedeckt sind und Leistungen daher nicht zur Existenzsicherung benötigt werden, ohne dass dies für die konkreten Verhältnisse hinreichend tragfähig belegt wäre.