OVG Nordrhein-Westfalen - Urteil vom 07.10.2019
6 A 2170/16
Normen:
AGG § 15 Abs. 2 S. 1; SchulG NRW a.F. § 57 Abs. 4 S. 1; SchulG NRW a.F. § 57 Abs. 6 S. 1;
Fundstellen:
DÖV 2020, 334
NVwZ 2020, 1450
NZA-RR 2019, 680
Vorinstanzen:
VG Köln, - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 4572/15

Entschädigung wegen unzulässiger Benachteiligung durch verfassungswidriges pauschales Kopftuchverbot; Benachteiligung im Stellenbesetzungsverfahren; Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruch bei normativem Unrecht; Unionsrechtlicher Haftungsanspruch

OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.10.2019 - Aktenzeichen 6 A 2170/16

DRsp Nr. 2019/16314

Entschädigung wegen unzulässiger Benachteiligung durch verfassungswidriges pauschales Kopftuchverbot; Benachteiligung im Stellenbesetzungsverfahren; Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruch bei normativem Unrecht; Unionsrechtlicher Haftungsanspruch

1. Eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG wegen Benachteiligung im Stellenbesetzungsverfahren kann nur beanspruchen, wer sich beworben hat, selbst wenn aufgrund einer gesetzlichen Regelung von der Erfolglosigkeit der Bewerbung auszugehen war.2. Der Haftungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und damit auch eine Kausalität zwischen der unterschiedlichen Behandlung und dem in § 1 AGG genannten Grund voraus.3. Das pauschale Kopftuchverbot nach § 57 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. Juni 2006 war nicht nach § 8 Abs. 1 AGG gerechtfertigt.4. Das ausdifferenzierte System der Darlegungs- und Beweispflichten nach § 22 AGG gilt ungeachtet des Amtsermittlungsgrundsatzes auch im Verwaltungsprozess.5. Der Anspruch auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kommt auch bei normativem Unrecht in Betracht, setzt aber eine behördliche Vollzugshandlung voraus.