LAG Mecklenburg-Vorpommern - Urteil vom 19.11.2019
5 Sa 97/19
Normen:
BGB § 626; KSchG § 1; HeimG § 2;
Fundstellen:
EzA-SD 2020, 5
LAGE BGB 2002 § 626 Nr. 89
Vorinstanzen:
ArbG Stralsund, vom 04.01.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ca 46/17

Körperliche Misshandlung eines Heimbewohners durch eine Pflegekraft als Grund für eine fristlose KündigungAbwägung zwischen fristloser und verhaltensbedingter ordentlicher KündigungEntbehrlichkeit einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.11.2019 - Aktenzeichen 5 Sa 97/19

DRsp Nr. 2020/694

Körperliche Misshandlung eines Heimbewohners durch eine Pflegekraft als Grund für eine fristlose Kündigung Abwägung zwischen fristloser und verhaltensbedingter ordentlicher Kündigung Entbehrlichkeit einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung

1. Eine körperliche Misshandlung von Heimbewohnern ist typischerweise geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Der Einsatz von Zwang und Gewalt gegen einen Heimbewohner stellt eine Misshandlung dar, die je nach den Umständen des Einzelfalles ein unterschiedliches Gewicht haben kann. Eine schwerwiegende Misshandlung liegt vor, wenn einem Heimbewohner Schmerzen oder Verletzungen zugefügt werden, beispielsweise durch Schläge, Stöße, grobes Zufassen. 2. Wird ein demenzkranker Heimbewohner durch zwei Pflegekräfte bei massiver Gegenwehr zwangsweise gewaschen und rasiert, stellt das trotz hygienischer Gründe regelmäßig eine körperliche Misshandlung dar, die zu einer außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung berechtigen kann.

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 04.01.2019 - 2 Ca 46/17 - teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung der Beklagten vom 30.01.2017 nicht vor dem 31.08.2017 geendet hat.