BVerfG - Beschluß vom 04.11.1965
2 BvR 91/64; 2 BvR 271/64
Normen:
AO § 222 Abs. 1 Nr. 1 ; GG Art. 2 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 ;
Fundstellen:
BVerfGE 19, 290
AP Nr. 3 zu Art. 20 GG
BB 1966, 313
DB 1966, 243
DÖV 1966, 496
JZ 1966, 356
MDR 1966, 392
NJW 1966, 587
RdA 1966, 358
Vorinstanzen:
BFH, vom 07.11.1963 - Vorinstanzaktenzeichen IV 335/61 U
BFH, vom 21.02.1964 - Vorinstanzaktenzeichen III 143/61

RVerfassungsmäßigkeit der fachgerichtlichen Auslegung des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO

BVerfG, Beschluß vom 04.11.1965 - Aktenzeichen 2 BvR 91/64; 2 BvR 271/64

DRsp Nr. 1996/7709

RVerfassungsmäßigkeit der fachgerichtlichen Auslegung des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO

»Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach unter den Voraussetzungen des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO der gesamte Steuerfall wieder aufzurollen ist, verstößt weder gegen ein Grundrecht noch sonst gegen das Grundgesetz

Normenkette:

AO § 222 Abs. 1 Nr. 1 ; GG Art. 2 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 ;

Gründe:

A.

I.

1. Der Beschwerdeführer zu 1) betreibt ein Einzelhandelsgewerbe. Er hat mit schriftlichem Vertrag seine volljährige Tochter als stille Gesellschafterin in das Geschäft aufgenommen. Die Gesellschaftseinlage hat er seiner Tochter geschenkt und mit ihr eine prozentuale Gewinnbeteiligung vereinbart. Das Finanzamt Aschaffenburg erkannte bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 1953 bis 1955 die Gewinnbeteiligung der Tochter zunächst in vollem Umfange an.

Eine spätere Betriebsprüfung stellte hinsichtlich der bereits endgültig veranlagten Zeiträume neue steuererhebliche Tatsachen fest, die mit der Gewinnbeteiligung der Tochter in keinem Zusammenhang standen, jedoch nach Ansicht der Steuerbehörde eine höhere Veranlagung des Steuerpflichtigen rechtfertigten. Das Finanzamt änderte daraufhin gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 die endgültigen Steuerbescheide für die Jahre 1953 bis 1955 durch Bescheid vom 21. Mai 1958 ab und versagte nunmehr auch die volle Anerkennung der Gewinnbeteiligung der Tochter.