BAG - Urteil vom 24.05.2023
10 AZR 423/20
Normen:
GG Art. 2 Abs. 2 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3; ArbZG § 6 Abs. 5; TVG § 4 Abs. 1; MTV Brauereien Niedersachsen v. 20.12.1988 § 3 Nr. 6.1; MTV Brauereien Niedersachsen v. 20.12.1988 § 7 Buchst. f);
Vorinstanzen:
LAG Niedersachsen, vom 06.08.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 6 Sa 67/20
ArbG Wilhelmshaven, vom 12.12.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ca 207/19

Umfassende Normsetzungsbefugnis der TarifvertragsparteienDer Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG als Grenze der TarifautonomieEinschätzungsprärogative der TarifvertragsparteienSubsidiarität des § 6 Abs. 5 ArbZG gegenüber tariflichen Regelungen zum Nachteilsausgleich bei NachtarbeitAuslegung des normativen Teils des TarifvertragsAnpassung nach oben bei gleichheitswidriger Ungleichbehandlung durch unterschiedlich hohe tarifliche Nachtarbeitszuschläge

BAG, Urteil vom 24.05.2023 - Aktenzeichen 10 AZR 423/20

DRsp Nr. 2023/9344

Umfassende Normsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien Der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG als Grenze der Tarifautonomie Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien Subsidiarität des § 6 Abs. 5 ArbZG gegenüber tariflichen Regelungen zum Nachteilsausgleich bei Nachtarbeit Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrags Anpassung "nach oben" bei gleichheitswidriger Ungleichbehandlung durch unterschiedlich hohe tarifliche Nachtarbeitszuschläge

1. Mit der Normsetzung auf Grundlage der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie üben die Tarifvertragsparteien keine delegierte Staatsgewalt aus. Sie nehmen vielmehr privatautonom ihre Grundrechte wahr. Mit der kollektiv ausgeübten privatautonomen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge ist eine unmittelbare Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien nicht zu vereinbaren. 2. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bildet als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie. Der Schutzauftrag der Verfassung verpflichtet die Arbeitsgerichte dazu, gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen zu unterbinden. Dementsprechend ist Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheitswidrigen Differenzierungen führen.