BAG - Urteil vom 22.03.2023
10 AZR 482/20
Normen:
GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3; ArbZG § 6 Abs. 5; MTV Futtermittelindustrie Niedersachsen/Bremen v. 03.07.1989 § 4 Abschn. II Nr. 1 Buchst. d)-e);
Vorinstanzen:
LAG Niedersachsen, vom 02.09.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 17 Sa 211/20
ArbG Osnabrück, vom 11.12.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Ca 293/19

Umfassende Normsetzungsbefugnis der TarifvertragsparteienDer Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG als Grenze der TarifautonomieEinschätzungsprärogative der TarifvertragsparteienAngemessene Kompensation der Belastungen durch Nachtarbeit im TarifvertragAuslegung des normativen Teils des TarifvertragsRechtfertigung unterschiedlicher Zuschlagshöhe bei unterschiedlichen Formen der Nachtarbeit

BAG, Urteil vom 22.03.2023 - Aktenzeichen 10 AZR 482/20

DRsp Nr. 2023/8999

Umfassende Normsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG als Grenze der Tarifautonomie Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien Angemessene Kompensation der Belastungen durch Nachtarbeit im Tarifvertrag Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrags Rechtfertigung unterschiedlicher Zuschlagshöhe bei unterschiedlichen Formen der Nachtarbeit

1. Mit der Normsetzung auf Grundlage der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie üben die Tarifvertragsparteien keine delegierte Staatsgewalt aus. Sie nehmen privatautonom ihre Grundrechte wahr. Mit der kollektiv ausgeübten privatautonomen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge ist eine unmittelbare Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien nicht zu vereinbaren. 2. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bildet als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie. Der Schutzauftrag der Verfassung verpflichtet die Arbeitsgerichte dazu, gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen zu unterbinden. Dementsprechend ist Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheitswidrigen Differenzierungen führen.