BVerfG - Beschluß vom 25.10.1966
2 BvR 506/63
Normen:
BVerfGG § 90 Abs. 1 ; GG Art. 2 Abs. 1 ; UWG § 13 Abs. 3 ; ZPO § 890 Abs. 1 ;
Fundstellen:
BVerfGE 20, 323
AP Nr. 16 zu Art. 2 GG
DB 1967, 74
JZ 1967, 171
MDR 1967, 187
NJW 1967, 195
Rpfleger 1967, 139
Vorinstanzen:
OLG Celle, vom 09.09.1963 - Vorinstanzaktenzeichen 3 W 79/63

Verletzung des Grundsatzes nulla poena sine culpa

BVerfG, Beschluß vom 25.10.1966 - Aktenzeichen 2 BvR 506/63

DRsp Nr. 1996/7738

Verletzung des Grundsatzes "nulla poena sine culpa"

»Der Grundsatz "nulla poena sine culpa" hat den Rang eines Verfassungsrechtssatzes.«1. Dem Grundsatz, daß jede Strafe - nicht nur die Strafe für kriminelles Unrecht, sondern auch die strafähnliche Sanktion für sonstiges Unrecht - Schuld voraussetze, kommt verfassungsrechtlicher Rang zu. Er ist im Rechtsstaatsprinzip begründet.2. Die Vorschrift des § 890 Abs. 1 ZPO enthält, obwohl sie sich im Abschnitt Zwangsvollstreckung der Zivilprozeßordnung findet, strafrechtliche Elemente. Sie wirken sich vor allem im subjektiven Tatbestand aus. Die Bestrafung setzt eine Schuld des Betroffenen voraus.

Normenkette:

BVerfGG § 90 Abs. 1 ; GG Art. 2 Abs. 1 ; UWG § 13 Abs. 3 ; ZPO § 890 Abs. 1 ;

Gründe:

A.

I.

1. Die Beschwerdeführerin, eine Firma des B...-Konzerns, betreibt den "B...-Lesering". Sie läßt die Werbung der Mitglieder dieses Leserings durch fremde, von ihr unabhängige Werbeunternehmen, die sog. "Betreuungsfirmen", durchführen.

Eine der Betreuungsfirmen unternahm die Werbung in der Weise, daß die Werber Straßenpassanten durch Verteilen von Glückslosen veranlaßten, das Werbelokal aufzusuchen, um sie dort für den Lesering zu gewinnen.