OVG Niedersachsen, vom 22.05.1995 - Vorinstanzaktenzeichen 6 L 1276/93
Bauplanungsrecht: Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplans und Wohl der Allgemeinheit
BVerwG, Beschluß vom 13.02.1996 - Aktenzeichen 4 B 199.95
DRsp Nr. 2007/4557
Bauplanungsrecht: Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplans und Wohl der Allgemeinheit
1. Das Wohl der Allgemeinheit "erfordert" nicht, daß von den Festsetzungen des Durchführungsplans - wäre er ein Bebauungsplan - abgewichen wird. Es ist nicht das Ziel des § 31 Abs. 2 Nr. 1BauGB, ein überlegtes städtebauliches Planungskonzept für nunmehr obsolet anzusehen. Daran ändert nichts, daß heutige städtebauliche Erwägungen möglicherweise zu anderen Ergebnissen gelangen würden. § 31 Abs. 2 Nr. 1BauGB dient nicht dazu, vorhandene planerische Festsetzungen geänderten Auffassungen anzupassen. Das dafür rechtlich vorgesehene Mittel ist das der Planänderung.2. § 4 Abs. 1aBauGB-MaßnahmenG erweitert zwar insoweit § 31 Abs. 2 Nr. 1BauGB, als die tatbestandlichen Voraussetzungen - zum einen der Begriff des Wohls der Allgemeinheit und zum anderen die Frage des Einzelfalls - im Interesse der Befriedung eines vorhandenen dringenden Wohnbedarfs erweitert wurden. Die Vorschrift hat indes das weitere Tatbestandsmerkmal des § 31 Abs. 2 Nr. 1BauGB, daß nämlich das Wohl der Allgemeinheit die Befreiung "erfordern" und daß die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein muß, nicht geändert.