VGH Baden-Württemberg - Beschluß vom 03.12.1993
8 S 2378/93
Normen:
BauGB § 30 § 31 Abs. 2 ; BauGB-MaßnahmenG § 4 Abs. 1a ;
Fundstellen:
IBR 1995, 202
NVwZ-RR 1994, 638
UPR 1994, 396
Vorinstanzen:
VG Stuttgart, vom 09.09.1993 - Vorinstanzaktenzeichen 6 K 1989/93

Baurecht: Umfang des Nachbarschutzes in Bebauungsplänen, Befreiung von Bauverbot bei dringendem Wohnbedarf

VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 03.12.1993 - Aktenzeichen 8 S 2378/93

DRsp Nr. 2007/14086

Baurecht: Umfang des Nachbarschutzes in Bebauungsplänen, Befreiung von Bauverbot bei dringendem Wohnbedarf

»1. Zur Entscheidung der Frage, ob Vorschriften in einem Bebauungsplan Nachbarschutz gewähren, ist in erster Linie der Plan selbst mit seiner Begründung heranzuziehen; ergänzend ist auf die Protokolle des Gemeinderats und andere Unterlagen aus dem Aufstellungsverfahren zurückzugreifen. Unterlagen aus späterer Zeit sind dagegen nur eingeschränkt geeignet, verläßliche Aussagen über die Absichten des seinerzeitigen Plangebers zu gewinnen. 2. Festsetzungen in einem Bebauungsplan, die im Ergebnis dazu führen, daß Oberlieger eine ungestörte Aussicht auf die Innenstadt erhalten, haben nur beim Vorliegen besonderer Umstände zugleich nachbarschützenden Charakter. 3. Erfordert das Wohl der Allgemeinheit, beispielsweise dringender Wohnbedarf, eine Befreiung, so indiziert grundsätzlich bereits dieses besondere öffentliche Interesse, daß es sich insoweit um einen vom Normalfall abweichenden Sonderfall handelt (Fortsetzung der Rechtsprechung). Dies entbindet allerdings nicht von der gebotenen Abwägung aller für und gegen eine Befreiung sprechenden öffentlichen und privaten Belange. In diesem Zusammenhang kommt der Aufrechterhaltung einer ungestörten Aussicht nur geringes Gewicht zu.«

Normenkette:

BauGB § 30 § 31 Abs. 2 ;