OVG Hamburg - Beschluss vom 09.05.2023
2 Bs 41/23
Normen:
HBauO § 59 Abs. 1 S. 1; HBauO § 71 Abs. 2 Nr. 1; BGB § 130 Abs. 1 S. 1-2; VwGO § 80 Abs. 1;
Fundstellen:
BauR 2023, 1504
D_V 2023, 776
Vorinstanzen:
VG Hamburg, vom 08.03.2023 - Vorinstanzaktenzeichen 9 E 466/23

Formelle Illegalität einer genehmigungsbedürftigen baulichen Anlage (hier: Dachterrasse); Bewertung der Abweichung eines Bauherrn bei der Bauausführung erheblich von der erteilten Genehmigung eines Bauvorhabens als Aliud

OVG Hamburg, Beschluss vom 09.05.2023 - Aktenzeichen 2 Bs 41/23

DRsp Nr. 2023/8258

Formelle Illegalität einer genehmigungsbedürftigen baulichen Anlage (hier: Dachterrasse); Bewertung der Abweichung eines Bauherrn bei der Bauausführung erheblich von der erteilten Genehmigung eines Bauvorhabens als Aliud

1. Eine genehmigungsbedürftige bauliche Anlage ist nicht nur dann formell illegal, wenn sie ohne die nach § 59 Abs. 1 Satz 1 HBauO erforderliche Baugenehmigung errichtet wird, sondern auch dann, wenn bei der Bauausführung so erheblich von den genehmigten Plänen abgewichen wird, dass nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben, nämlich ein Aliud, erstellt wird.2. Für die Beurteilung der Frage, wann ein Bauherr bei der Bauausführung so erheblich von der erteilten Genehmigung abweicht, dass er nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben errichtet, kommt es darauf an, ob durch die Abweichung Belange, die bei der Baugenehmigung zu berücksichtigen waren, erneut oder andere Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage des Bauvorhabens neu stellt.3. Bei der Zustimmungserklärung nach § 71 Abs. 2 HBauO handelt es sich um eine gegenüber der Bauaufsichtsbehörde abzugebende empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Erklärung. Als solche wird sie entsprechend § 130 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 3 BGB nicht wirksam, wenn der Bauaufsichtsbehörde gleichzeitig ein Widerruf zugeht.