OLG Braunschweig - Beschluß vom 23.09.1992 (Ws 48/91) - DRsp Nr. 1994/8213
OLG Braunschweig, Beschluß vom 23.09.1992 - Aktenzeichen Ws 48/91
DRsp Nr. 1994/8213
1. Für die Auslegung des § 172StPO kann die zu den §§ 22 und 61StPO ergangene Rechtsprechung nicht herangezogen werden. Denn der Verletztenbegriff ist in der StPO nicht einheitlich gebraucht; je nach Zweck der jeweiligen Vorschrift kann eine engere oder eine weitere Auslegung des Begriffs sinnvoll sein (BGHSt 4, 202).2. Zur Beantwortung der Frage, ob bei Vermögensdelikten wie Untreue und Betrug zum Nachteil der Aktiengesellschaft auch der einzelne Aktionär als geschützt anzusehen ist, bietet es sich an, die zivilrechtliche Lage vergleichsweise heranzuziehen. Derjenige, dem die Zivilrechtsordnung keine eigenen Schadensersatzansprüche gegen den Täter zuerkennt, wird im allgemeinen auch für das Klageerzwingungsverfahren nicht als antragsberechtigter Verletzter angesehen werden können.3. Die Einschränkungen, denen die Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Aktionäre bzw. unter Mitwirkung der Aktionäre unterliegt, sprechen dafür, auch das Antragsrecht nach § 172StPO Beschränkungen zu unterwerfen.4. Zumindest bei großen Aktiengesellschaften wie der (VW-)AG kann ein Kleinaktionär daher als durch zum Nachteil der Gesellschaft begangene Untreue- und Betrugshandlungen Verletzter angesehen werden.
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