BVerfG - Beschluß vom 16.03.1966
1 BvR 675/65; 1 BvR 55/66
Normen:
GG Art. 2 Abs. 2 ; StPO § 112 Abs. 4 § 116 ;
Fundstellen:
NJW 1966, 772
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, vom 06.01.1966
OLG Frankfurt/Main, vom 17.01.1966

Verfassungsrechtliche Grenzen der Anordnung von Untersuchungshaft

BVerfG, Beschluß vom 16.03.1966 - Aktenzeichen 1 BvR 675/65; 1 BvR 55/66

DRsp Nr. 1995/8921

Verfassungsrechtliche Grenzen der Anordnung von Untersuchungshaft

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist verletzt, wenn bei Anwendung des § 112 Abs. 4 StPO eine dahingehende Prüfung unterbleibt und die Möglichkeit einer Aussetzung des Haftbefehls schlechthin verneint wird.

Normenkette:

GG Art. 2 Abs. 2 ; StPO § 112 Abs. 4 § 116 ;

Gründe:

1. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seines Geständnisses in Verbindung mit dem Obduktionsbefund des Totschlags an seiner Verlobten dringend verdächtig. Nach der Anklageschrift soll er aus Zorn über die Trunksucht seiner Verlobten diese durch Faustschläge und Fußtritte so schwer verletzt haben, daß sie daran gestorben ist. Nach der Tat hat er sich freiwillig der Polizei gestellt.

Aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 25. August 1965 befindet sich der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft. Die Beschwerde gegen den Haftbefehl wurde vom Landgericht Frankfurt am Main zurückgewiesen, da der Beschwerdeführer eines Verbrechens gegen das Leben verdächtig sei und im Hinblick auf § 112 Abs. 4 StPO Maßnahmen nach § 116 StPO außer Betracht bleiben müssten. Auf weitere Haftbeschwerde bestätigte auch das OLG Frankfurt am Main mit Beschluß vom 12. Oktober 1965 den Haftbefehl: