BVerfG - Beschluss vom 28.08.2023
1 BvR 1088/23
Normen:
BGB § 1632 Abs. 4 S. 1; GG Art. 6 Abs. 1;
Fundstellen:
FamRZ 2023, 1714
NJW 2023, 3282
Vorinstanzen:
OLG Nürnberg, vom 12.05.2023 - Vorinstanzaktenzeichen 10 UF 316/23

Verfassungsbeschwerde gegen den Wechsel eines Kindes von einer Pflegefamilie in eine andere professionelle Pflegefamilie; Begründung der Verfassungsbeschwerde durch Darlegen der Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten

BVerfG, Beschluss vom 28.08.2023 - Aktenzeichen 1 BvR 1088/23

DRsp Nr. 2023/11808

Verfassungsbeschwerde gegen den Wechsel eines Kindes von einer Pflegefamilie in eine andere professionelle Pflegefamilie; Begründung der Verfassungsbeschwerde durch Darlegen der Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten

1. Es ist bereits geklärt, dass wegen der unterschiedlichen Grundrechtspositionen von Eltern, die Träger des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG sind, und Pflegeeltern, die dies regelmäßig nicht sind, bei den Anforderungen an die in § 1632 Abs. 4 Satz 1 BGB maßgebliche Gefährdungsprognose differenziert werden muss. Für einen Wechsel des Kindes von einer Pflegefamilie in eine andere müssen wichtige, das Wohl des Kindes betreffende Gründe vorliegen. Mit Art. 6 Abs. 1 GG ist angesichts dessen vereinbar, das Ergehen einer Verbleibens- oder Rückkehranordnung bei möglicher Kindeswohlgefährdung sowohl im Fall des Wechsels der Pflegefamilie als auch bei einem Verbleib in der bisherigen Pflegefamilie von einer am Kindeswohl orientierten Abwägung abhängig zu machen. § 1632 Abs. 4 BGB dient nämlich weniger der Stärkung der vom Gesetzgeber als Achtung gebührend anerkannten Stellung von Pflegeeltern als vielmehr der Durchsetzung des Kindeswohls.