OLG Thüringen - Beschluss vom 12.09.2016
4 UF 678/15
Normen:
BGB § 1684; BGB § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2;
Vorinstanzen:
AG Gera, vom 30.10.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 6 F 628/15

Zulässigkeit der gerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells

OLG Thüringen, Beschluss vom 12.09.2016 - Aktenzeichen 4 UF 678/15

DRsp Nr. 2016/16715

Zulässigkeit der gerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells

1. Der gerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils steht - de lege lata - das Fehlen einer Rechtsgrundlage entgegen. a) Eine Anordnung in Gestalt einer Umgangsregelung nach § 1684 Abs. 3 S. 1 BGB kommt weder bei wortlautorientierter noch bei teleologischer Gesetzesauslegung in Betracht. b) Für eine Analogie zu § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist kein Raum, weil die historische Normgenese gegen die Annahme einer Gesetzeslücke spricht. c) Die Zuweisung eines periodisch alternierenden Aufenthaltsbestimmungsrechts ist mit der Systematik der in §§ 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 1687 Abs. 1 S. 2 BGB verankerten Wertungen strukturell nicht vereinbar. 2. Es gibt in rechtstatsächlicher Hinsicht derzeit keine hinreichend gesicherten humanwissenschaftlichen Erkenntnisse, wonach die erzwungene Anordnung eines Wechselmodells dem Kindeswohl förderlich ist. 3. Das Gelingen eines Wechselmodells setzt ein - im Rahmen einer Einzelfallentscheidung zu überprüfendes - hohes Maß an gegenseitiger Kooperation, Kommunikation und Kompromissbereitschaft der Kindeseltern voraus.

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gera vom 30.10.2015 wird zurückgewiesen.