FG Berlin-Brandenburg - Urteil vom 19.05.2010
1 K 2014/06
Normen:
InsO § 96 Abs. 1 Nr. 1; InsO § 96 Abs. 1 Nr. 4; InsO § 35; AO § 226; BGB § 387;

Aufrechnung des Finanzamts von vor der Insolvenz entstandenen Steuerforderungen mit dem Umsatzsteuererstattungsanspruch eines nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzschuldner aufgenommenen, vom Insolvenzverwalter vorbehaltlos freigegebenen Betriebs zulässig

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.05.2010 - Aktenzeichen 1 K 2014/06

DRsp Nr. 2010/15481

Aufrechnung des Finanzamts von vor der Insolvenz entstandenen Steuerforderungen mit dem Umsatzsteuererstattungsanspruch eines nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzschuldner aufgenommenen, vom Insolvenzverwalter vorbehaltlos freigegebenen Betriebs zulässig

Hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzschuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestattet, eine betriebliche Tätigkeit selbstständig "Neugeschäftsbetrieb") auszuüben und wurde lediglich der unter Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenze und nach Abzug der Ertrag- und Umsatzsteuern verbleibende Reingewinn des Neugeschäftsbetriebs nicht freigegeben, so ist von einer -auch nach der Rechtslage vor dem 1.7.2007 (Änderung von § 35 InsO) möglichen und anerkannten- vorbehaltlosen Freigabe des Neugeschäftsbetriebs durch den Insolvenzverwalter auszugehen. Das hat zur Folge, dass ein durch den Neugeschäftsbetrieb entstandener Umsatzsteuererstattungsanspruch nicht in die Insolvenzmasse fällt, daher nicht von dem Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO betroffen ist und dass damit das Finanzamt zulässigerweise vor der Insolvenzeröffnung entstandene Steuerforderungen (Insolvenzforderungen) mit einem nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Umsatzsteuererstattungsanspruch des Gemeinschuldners aus dem Neugeschäftsbetrieb aufrechnen darf.

Die Klage wird abgewiesen.