LAG Sachsen-Anhalt - Urteil vom 29.07.2016
2 Sa 52/14
Normen:
BetrVG § 111 Abs. 1 S. 1; BetrVG § 112; BetrVG § 113 Abs. 3; InsO § 174 Abs. 1 S. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1; KSchG § 10;
Vorinstanzen:
ArbG Magdeburg, vom 08.01.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ca 1434/12

Voraussetzungen der Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten als NachteilsausgleichsanspruchPflichten des Insolvenzverwalters gegenüber den ArbeitnehmernRechtliche Einordnung der Forderung aus einem Nachteilsausgleich i.S. von § 113 Abs. 3 BetrVG in der Insolvenz des Arbeitgebers

LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.07.2016 - Aktenzeichen 2 Sa 52/14

DRsp Nr. 2017/4564

Voraussetzungen der Geltendmachung von Masseverbindlichkeiten als Nachteilsausgleichsanspruch Pflichten des Insolvenzverwalters gegenüber den Arbeitnehmern Rechtliche Einordnung der Forderung aus einem Nachteilsausgleich i.S. von § 113 Abs. 3 BetrVG in der Insolvenz des Arbeitgebers

1. Die geplante Entlassung von rd. 80 Arbeitnehmern (hier: einer in Insolvenz gefallenen Spielbank) stellt eine Betriebsänderung i.S. von § 111 S. 1 BetrVG dar. 2. Kommt zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat kein wirksamer Interessenausgleich zustande, so muss der Arbeitgeber vor der tatsächlichen Durchführung der Betriebsänderung alle Möglichkeiten einer Einigung über den Interessenausgleich ausschöpfen, um den Rechtsfolgen des § 113 Abs. 3 BetrVG zu entgehen. Erforderlichenfalls trifft ihn auch die Obliegenheit, die Einigungsstelle anzurufen. 3. Die Vorschriften der §§ 111 bis 113 BetrVG finden auch im Insolvenzverfahren Anwendung. Auch der Insolvenzverwalter muss, um die für die Masse nachteiligen Folgen aus § 113 Abs. 3 BetrVG zu vermeiden, einen Interessenausgleich versuchen, bevor er die Betriebsänderung (hier: in Form der Entlassung aller Mitarbeiter) beginnt. Diese Verpflichtung entfällt nicht deshalb, weil die Stilllegung des Betriebes die unausweichliche Folge einer wirtschaftlichen Zwangslage ist.