6/16.1.5 Pflichtverteidiger im Strafbefehlsverfahren

Autor: Kotz

Beabsichtigt das Gericht, einen Strafbefehl zu erlassen, dessen Antrag Rechtsfolgen aus § 407 Abs. 2 Satz 1 StPO enthält, und hat der Angeschuldigte noch keinen Verteidiger, bestellt es ihm einen Pflichtverteidiger (§ 408b Satz 1 StPO).24)

Beispiel 4

Rechtanwalt R hatte sich für seinen Mandanten (M) auftragsgemäß bestellt und war zum Hauptverhandlungstermin erschienen, zu dem M jedoch ausblieb. Die Staatsanwaltschaft stellte deshalb Antrag auf Erlass eines Strafbefehls, mit dem M zu einer auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt werden sollte. Das Gericht entsprach dem Antrag der Staatsanwaltschaft, bestellte R jedoch noch vorher zum Pflichtverteidiger für M. R machte anschließend die Grund- und die Verfahrensgebühr geltend.

Zu Unrecht sah das Amtsgericht R hier nur als für eine Einzeltätigkeit (Nr. 4302 VV RVG) in die Pflicht genommen an. Zwar umfasst die Pflichtverteidigerbestellung nach § nur das Strafbefehlsverfahren, zu dem auch noch die Einlegung eines Einspruchs gegen den Strafbefehl zu rechnen ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Tätigkeit des Pflichtverteidigers auch vergütungsrechtlich eine Einzeltätigkeit darstellt. Vielmehr ist auch der im Strafbefehlsverfahren bestellte Verteidiger "Vollverteidiger", so dass ihm neben der Grundgebühr auch die Verfahrensgebühr zustehen kann.