12.1.5 Rechtsfolge und Reaktionsmöglichkeiten der Verteidigung, wenn Anwesenheitsrechte im Ermittlungsverfahren nicht beachtet wurden

Autorin: Forkert-Hosser

12.92

Wenn im Rahmen des vorbereitenden Verfahrens Anwesenheits- oder Benachrichtigungsrechte der Verteidigung beschnitten wurden, stellt sich die Frage, ob und wie diese Rechtsverstöße im weiteren Verfahrensverlauf sanktioniert werden.

12.1.5.1 Verletzung der Benachrichtigungspflicht bei richterlicher Vernehmung nach § 168c StPO

12.93

Nachdem der Verteidigung im Ermittlungsverfahren gegen die Entscheidung des Ermittlungsrichters, eine Benachrichtigung zu unterlassen, kein Rechtsmittel eröffnet ist und der nicht benachrichtigte Verteidiger aus der Natur der Sache in aller Regel erst nach der durchgeführten ermittlungsrichterlichen Beschuldigten-, Zeugen- oder Sachverständigenvernehmung Kenntnis erlangen wird, stellt sich die Frage, ob die aus diesen Vernehmungen erlangten Erkenntnisse im Rahmen der Hauptverhandlung - durch Verlesung nach § 254 StPO bzw. §§ 251 ff. StPO oder die Vernehmung des Ermittlungsrichters - verwertbar sind.

12.94

Die in § 168c Abs. 5 Satz 1 StPO normierte Benachrichtigungspflicht soll verhindern, dass im Ermittlungsverfahren unter Verletzung des Anspruchs des Beschuldigten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ein für den weiteren Verlauf des Strafverfahrens möglicherweise entscheidendes Beweisergebnis herbeigeführt werden kann, ohne dass der Beschuldigte oder sein Verteidiger Gelegenheit hatten, hierauf Einfluss zu nehmen.141)