8.2.4 Interessenkollision und sukzessive Mehrfachverteidigung

Autor: Endler

Kurzüberblick

8.82

§ 146 StPO verbietet die sogenannte Mehrfachverteidigung, also die gleichzeitige Verteidigung mehrerer Beschuldigter. Die Vorschrift schützt den Angeklagten vor der abstrakten Gefahr einer Interessenkollision bei seinem Verteidiger. Ob ein tatsächlicher Interessenwiderstreit vorliegt, ist unerheblich.14)

Daneben soll auch das Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Verteidigung geschützt werden.15)

§ 146 Satz 1 StPO normiert das Verbot der Mehrfachverteidigung bei Tatidentität, also die gleichzeitige Verteidigung mehrerer Beschuldigter, wenn diese derselben Tat beschuldigt werden. Ob Tatidentität i.S.d. § 146 StPO gegeben ist, bestimmt sich nach dem prozessualen Tatbegriff.16)

§ 146 Satz 2 StPO verbietet die Mehrfachverteidigung, wenn in einem Verfahren mehrere Beschuldigte verschiedener Taten beschuldigt werden (Verbot der Mehrfachverteidigung bei Verfahrensidentität). Ob Verfahrensidentität gegeben ist, ist für jeden Verfahrensabschnitt gesondert zu beurteilen. Im Ermittlungsverfahren ist darauf abzustellen, ob eine nach außen dokumentierte Entscheidung der Staatsanwaltschaft vorliegt, die Ermittlungsverfahren gegen unterschiedliche Personen zu verbinden.17) Im gerichtlichen Verfahren kommt Verfahrensidentität durch die förmliche Verbindung von Verfahren zustande (§§ 2, 4, 13 Abs. 2).