OLG Stuttgart - Beschluss vom 15.07.2022
4 Ws 302/22
Normen:
StPO § 112 Abs. 2 Nr. 1; StPO § 473 Abs. 1;
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, vom 01.07.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 26 Js 66149/19

Fehlende Fluchtgefahr trotz vorübergehender Nichterreichbarkeit des BeschuldigtenBewusste Entziehung des behördlichen Zugriffs als Voraussetzung der Fluchtgefahr(Verspätete) Mitteilung der neuen Anschrift als Indiz für nicht bestehende Fluchtgefahr

OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.07.2022 - Aktenzeichen 4 Ws 302/22

DRsp Nr. 2022/17920

Fehlende Fluchtgefahr trotz vorübergehender Nichterreichbarkeit des Beschuldigten Bewusste Entziehung des behördlichen Zugriffs als Voraussetzung der Fluchtgefahr (Verspätete) Mitteilung der neuen Anschrift als Indiz für nicht bestehende Fluchtgefahr

Auch wenn der Beschuldigte über einen gewissen Zeitraum nicht erreichbar ist, wegen Wohnungswechsel und ohne diesen rechtzeitig anzuzeigen, so rechtfertigt dies nicht die Annahme der Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO und die Anordnung der Untersuchungshaft. Denn in subjektiver Hinsicht muss sich der Beschuldigte bewusst dem behördlichen Zugriff entziehen wollen. Dies ist nicht der Fall, wenn an der neuen Wohnung Klingelschild und Briefkasten mit dem Namen des Beschuldigten gekennzeichnet sind.

Tenor

1.

Der Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts - 9. Große Strafkammer - Stuttgart vom 1. Juli 2022 wird

aufgehoben.

2.

Der Angeklagte ist vorbehaltlich notierter Überhaft unverzüglich

freizulassen.

3.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit angefallenen notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.

Normenkette:

StPO § 112 Abs. 2 Nr. 1; StPO § 473 Abs. 1;

Gründe

I.