BGH - Beschluss vom 10.01.2012
1 StR 587/11
Normen:
StPO § 249 Abs. 2 S. 3; StPO § 261; StPO § 337 Abs. 1;
Fundstellen:
AO-StB 2013, 27
NStZ 2012, 346
StV 2012, 585
Vorinstanzen:
LG Regensburg, vom 04.08.2011

Anforderungen an die ordnungsgemäße Einführung von Urkunden und sonstigen Schriftstücken durch ein Selbstleseverfahren in die strafprozessuale Hauptverhandlung

BGH, Beschluss vom 10.01.2012 - Aktenzeichen 1 StR 587/11

DRsp Nr. 2012/3455

Anforderungen an die ordnungsgemäße Einführung von Urkunden und sonstigen Schriftstücken durch ein Selbstleseverfahren in die strafprozessuale Hauptverhandlung

1. Für das Selbstleseverfahren ist bedeutungslos, ob die Erklärung der Richter, vom Wortlaut der Urkunden Kenntnis genommen zu haben, darauf beruht, dass sie die Urkunden vor oder nach der Anordnung des Selbstleseverfahrens gelesen haben.2. Die übrigen Verfahrensbeteiligten müssen sich nicht darauf verweisen lassen, dass sie schon zuvor Gelegenheit zum Lesen der Urkunden gehabt hätten.3. Die Feststellung, die Mitglieder des Gerichts hätten Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Urkunde gehabt, wird den Anforderungen des § 249 Abs. 2 StGB nicht gerecht.4. Ein Urteil beruht auf einem solchen Mangel des Selbstleseverfahrens, wenn nicht auszuschließen ist, dass wesentliche Urteilsfeststellungen durch die nicht in einem ordnungsgemäß durchgeführten Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden und/oder Schriftstücke beeinflusst worden sind.5. Allein der Umstand, dass das Selbstleseverfahren durchgeführt worden ist, belegt die Bedeutung der Urkunden und/oder Schriftstücke für die Urteilsfeststellungen nicht.

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 4. August 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.