Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 17. März 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Bankrotts freigesprochen. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf Verfahrensrügen sowie auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensbeanstandung Erfolg.
I. Die Staatsanwaltschaft macht zu Recht geltend, dass das Landgericht seine Überzeugung teilweise nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnen hat (Verstoß gegen § 261 StPO).
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Im Termin zur Hauptverhandlung erhielten die Verfahrensbeteiligten jeweils einen Ordner mit Urkunden ausgehändigt; der Vorsitzende ordnete an, dass die in dem überreichten Ordner enthaltenen Schriftstücke im Wege des Selbstleseverfahrens verlesen werden sollten. Der Verteidiger des Angeklagten beanstandete diese Anordnung und beantragte eine gerichtliche Entscheidung. Die Strafkammer hob nach Beratung die Anordnung des Vorsitzenden teilweise auf und fasste sie "zur Klarstellung neu", indem sie entschied, dass "von der Verlesung folgender Urkunden [...] gem. § 249 Abs. 2 StPO abgesehen werden" solle. Daran anschließend führte sie die Urkunden auf, auf die sich das Selbstleseverfahren beziehen sollte, unter anderem den im Urteil wörtlich wiedergegebenen "Versicherungsschein 950/245.417 W" sowie den ebenfalls in das Urteil eingerückten "Antrag auf Versicherung v. Diskotheken". Im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung wurde weder festgestellt, dass Richter und Schöffen vom Wortlaut der im Selbstleseverfahren einzuführenden Urkunden Kenntnis genommen noch, dass die anderen Verfahrensbeteiligten dazu Gelegenheit hatten. Die Urkunden wurden auch nicht in anderer Weise in die Hauptverhandlung eingeführt.
2. Die Rüge ist zulässig erhoben, insbesondere gibt die Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft die den Mangel enthaltenden Tatsachen im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an. Dazu ist es erforderlich aber auch ausreichend, dass die Verfahrenstatsachen so mitgeteilt werden, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Revisionsbegründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft (allgemeine Meinung, vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 344 Rn. 21 mwN). Dies ist hier der Fall:
Aus dem Revisionsvorbringen ergibt sich, dass die genannten Urkunden zwar im Selbstleseverfahren eingeführt werden sollten, dass dieses indes nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO abgeschlossen wurde, was durch das Fehlen des entsprechenden Eintrags im Hauptverhandlungsprotokoll bewiesen wird (§ 274 Satz 1 StPO). Weiter trägt die Revision vor, dass die Urkunden - wiederum ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls - nicht auf andere Art und Weise, insbesondere nicht durch Verlesung, zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurden (vgl. dazu Meyer-Goßner/Schmitt aaO, § 249 Rn. 30). Angesichts der wörtlichen Wiedergabe der mehrseitigen Urkunden war hier der Vortrag entbehrlich, dass die Urkunden auch nicht durch nicht protokollierungspflichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1998 -
Weiteren Vorbringens bedurfte es zur zulässigen Erhebung der Rüge nicht, insbesondere war es weder erforderlich, den gesamten Inhalt des "Urkundenordners" vorzutragen, noch das - teilweise - Einverständnis einzelner Verfahrensbeteiligter mit der Durchführung des Selbstleseverfahrens noch den vollständigen Beschluss der Strafkammer, mit der sie die Anordnung des Vorsitzenden teilweise aufhob und neu fasste: Es kommt für die Prüfung des Verfahrensmangels nicht darauf an, ob sich das Selbstleseverfahren auch auf andere und im Einzelnen welche Urkunden bezog, wie sich Verfahrensbeteiligte dazu stellten und mit welchem genauen Wortlaut die Strafkammer über den Widerspruch des Verteidigers entschied. Entscheidungserheblich für die Verfahrensbeanstandung ist allein, dass die beiden wiedergegebenen Urkunden Bestandteil des Selbstleseverfahrens waren, dass dieses nicht ordnungsgemäß abgeschlossen wurde und dass die Urkunden auch nicht anders in die Hauptverhandlung eingeführt wurden.
3. Der Verfahrensverstoß liegt vor: Der Feststellung nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO bedarf es zur Kenntlichmachung und zum Hinweis an die Verfahrensbeteiligten, dass der Beweisstoff in Form des Urkundsbeweises, der beim Selbstleseverfahren außerhalb der Hauptverhandlung erhoben wird, dennoch als Inbegriff der Hauptverhandlung im Sinne von § 261 StPO der Überzeugungsbildung des Gerichts zu Grunde gelegt werden kann. Dies wird durch die Feststellung und Protokollierung nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO beweiskräftig vollzogen. Fehlt - wie hier - der entsprechende Vermerk, so ist die Inbegriffsrüge nach § 261 StPO eröffnet, dass die dem Selbstleseverfahren zugeführten Urkunden als verwertbarer Beweisstoff nicht zur Verfügung standen (BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2010 - 3 StR 76/10, NStZ 2010, 712, 713; vom 4. September 2013 -
4. Das Urteil beruht auf dem Verfahrensverstoß. Das Landgericht hat die Urkunden, deren vollständige wörtliche Zitierung es für geboten hielt, seiner Entscheidung zugrunde gelegt und ist nur unter ihrer Heranziehung zur Annahme einer Versicherung für fremde Rechnung gelangt, aus der sich letztlich die Ansprüche aus §
Ein Beruhen des Urteils auf dem Verfahrensmangel entfällt entgegen der von dem Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung geäußerten Rechtsauffassung auch nicht deshalb, weil sich die Anklage auf die Geltendmachung der Entschädigung gegenüber der Versicherung nicht bezogen hätte. Im Anklagesatz ist die Auszahlung der Entschädigungssumme am 25. Januar 2008 ausdrücklich erwähnt und wurde damit Teil des von der Anklage umfassten Lebenssachverhalts; dieser umfasste mithin nicht nur den nach den Feststellungen des Landgerichts rückdatierten und fingierten Sicherungsübereignungsvertrag vom 27. Juli 2007.
II. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Der Freispruch begegnet auch in sachlich-rechtlicher Hinsicht durchgreifenden Bedenken, weil die vom Landgericht getroffenen Feststellungen keine tragfähige Grundlage für die Schlussfolgerung boten, die Rechtsstellung der H. Musikproduktionsgesellschaft mbH (im Folgenden: H. Musik), deren faktischer Geschäftsführer der Angeklagte war, sei durch die Erstellung des fingierten, rückdatierten Sicherungsübereignungsvertrags, mit dem das im Eigentum der H. Musik stehenden Inventar einer Diskothek auf die ebenfalls von dem Angeklagten kontrollierte H. Gastronomiebetriebs mbH (im Folgenden: H. Gastro) übertragen wurde, nicht verschlechtert worden. Das Landgericht hat in seiner rechtlichen Würdigung angenommen, die H. Musik hätte, nachdem das Inventar bei einem Brand der Diskothek vollständig zerstört worden war, ohnehin keinen Anspruch auf Leistungen aus der von der H. Gastro (auch) für fremde Rechnung abgeschlossenen Inventarversicherung gehabt, weil die H. Gastro und die frühere Ehefrau des Angeklagten und Gesellschafterin beider Gesellschaften, B. H. , der H. Musik Darlehen zur Anschaffung von Inventar gewährt hatten, für die keine dingliche Sicherung bestand. Die H. Gastro hätte deshalb Ansprüche gegen die H. Musik in Bezug auf die versicherte Sache gehabt, weshalb sie sich nach §
Feststellungen zur genauen Höhe, zur Zweckbestimmung und zum Tilgungsstand, zur Laufzeit und zur Fälligkeit der Darlehen im Zeitpunkt des Versicherungsfalls hat das Landgericht indes nicht getroffen, so dass nicht abschließend beurteilt werden konnte, ob sich insoweit Ansprüche "in Bezug auf die versicherte Sache" im Sinne von §
2. Selbst wenn der H. Gastro wegen der gewährten Darlehen Ansprüche zugestanden haben sollten, die durch die Vereinnahmung der Entschädigungssumme befriedigt wurden, hätte die Strafkammer weiter prüfen müssen, ob nicht in der darin liegenden Rückgewähr gleichwohl ein Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu sehen war:
a) Wie die Staatsanwaltschaft zu Recht geltend macht, hätten die der H. Musik von der H. Gastro gewährten Darlehen nach der zur Tatzeit geltenden Rechtslage als eigenkapitalersetzende Darlehen im Sinne von §
b) Der Senat kann offen lassen, ob vorliegend die zwischenzeitlich vorgenommenen Änderungen der Vorschriften des
Die Rückgewähr der Darlehen unter den genannten Voraussetzungen hätte hier nicht nur den Tatbestand der Gläubigerbegünstigung gemäß § 283c Abs. 1 StGB erfüllt, sondern wäre auch nach aktuell geltendem Recht unter den Tatbestand des Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu subsumieren. Zwar hat der Gesetzgeber durch die Neuregelung der §§
Soweit aus diesen Regelungen der Schluss gezogen wird, es liege nunmehr bei Gesellschafterdarlehen stets eine Gläubigerstellung im Sinne von § 283c Abs. 1 StGB vor, weshalb ihre Rückgewähr - anders als vor der Streichung von §
Es kann danach für die Gläubigerstellung im Sinne von § 283c Abs. 1 StGB nicht entscheidend darauf ankommen, ob einem Gesellschafter wegen eines der Gesellschaft gewährten Darlehens eine zivilrechtlich wirksame Rückzahlungsforderung zusteht, zumal es sich insoweit regelmäßig um eine gemäß §
Von Rechts wegen