OLG Hamm - Urteil vom 29.03.2017
13 U 78/11
Normen:
StVG § 7 Abs. 1; ZPO § 286; ZPO § 287; BGB § 249 Abs. 1;
Vorinstanzen:
LG Essen, vom 03.03.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 18 O 5/09

Beweiswürdigung hinsichtlich der Kausalität eines mehr als 30 Jahre zurückliegenden Unfallgeschehens für aktuelle Beschwerden

OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2017 - Aktenzeichen 13 U 78/11

DRsp Nr. 2018/15887

Beweiswürdigung hinsichtlich der Kausalität eines mehr als 30 Jahre zurückliegenden Unfallgeschehens für aktuelle Beschwerden

1. Steht fest, dass es zu einer unfallbedingten HWS-Distorsion und damit zu einer Körperverletzung gekommen ist, so gilt hinsichtlich des Nachweises der Ursächlichkeit dieser Primärverletzung für aktuell beklagte Beschwerden das Beweismaß des § 287 ZPO. 2. Im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO werden geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Gerichts gestellt. Hier genügt, je nach Lage des Einzelfalls, eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung. So kann das Gericht etwa im Wege des Ausschlusses anderer Ursachen zu der Feststellung gelangen, dass als einzig realistische Ursache für die nach einem Unfall geklagten Beschwerden eben dieser Unfall in Betracht kommt. 3. Die Haftung erstreckt sich grundsätzlich auch auf die aus einer Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung resultierenden Folgeschäden, ohne dass erforderlich ist, dass die Auswirkungen eine organische Ursache haben. Vielmehr genügt, dass die Beeinträchtigungen psychisch vermittelt sind. Das gilt bis zur Grenze einer sogenannten Begehrensneurose auch dann, wenn eine psychische Fehlverarbeitung des Geschädigten hinzu tritt.

Tenor