BGH - Beschluss vom 22.11.2022
4 StR 112/22
Normen:
StGB § 315c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a)-b);
Fundstellen:
NStZ 2023, 415
Vorinstanzen:
LG Aachen, vom 05.07.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 901 Js 3/18

Feststellung zur Annahme des objektiven Tatbestandes der Gefährdung des Straßenverkehrs i.R.d. Flucht vor der Polizei

BGH, Beschluss vom 22.11.2022 - Aktenzeichen 4 StR 112/22

DRsp Nr. 2023/189

Feststellung zur Annahme des objektiven Tatbestandes der Gefährdung des Straßenverkehrs i.R.d. Flucht vor der Polizei

1. § 315c Abs. 1 StGB setzt in allen Tatvarianten eine konkrete Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert voraus. Dies ist nach gefestigter Rechtsprechung der Fall, wenn die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt hat, in der - was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist - die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt wurde, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht. Erforderlich ist die Feststellung eines "Beinahe-Unfalls", also eines Geschehens, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, es sei "noch einmal gut gegangen".2. Darüber hinaus müssen diese konkreten Gefahren gerade durch eine der Tathandlungen des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB bewirkt worden sein und dabei in einem inneren Zusammenhang mit den Risiken gestanden haben, die von diesen Tathandlungen typischerweise ausgehen.

Tenor

1.

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 5. Juli 2021,

a)

soweit es den Angeklagten A. V. betrifft, wie folgt geändert:

aa) bb) cc) b) c) d) 2. 3. 4.