Gebot der Rücksichtnahme bei der Inanspruchnahme von Sonderrechten
BGH, Urteil vom 28.03.1963 - Aktenzeichen III ZR 236/61
DRsp Nr. 1994/6221
Gebot der Rücksichtnahme bei der Inanspruchnahme von Sonderrechten
1. Auch der Einsatzfahrer der Polizei, der die ihm durch § 48StVO eingeräumte Sonderrechtsstellung in Anspruch nimmt, ist verpflichtet, auf die übrigen Verkehrsteilnehmer die gebotene Rücksicht zu nehmen und darauf bedacht zu sein, andere Personen nicht zu schädigen. 2. Der Fahrer eines Einsatzfahrzeuges muß hierbei um so größere Vorsicht üben, je mehr er sich über die allgemein gültigen Verkehrsregeln hinwegsetzt (hier: Benutzung der falschen Zufahrt bei einer durch eine Verkehrsinsel geteilten Straßeneinmündung. Inanspruchnahme der Vorfahrt gegenüber dem Verkehr auf der Hauptstraße, Einbiegen in eine für jeden Verkehr gesperrte Fahrtrichtung). 3. Für den die Sonderrechtsstellung des § 48StVO in Anspruch nehmenden Einsatzfahrer gilt nicht der allgemeine Vertrauensgrundsatz dahin, daß er bei Einschaltung des Blaulichts und des Martinshorns jederzeit davon ausgehen könne, die übrigen Verkehrsteilnehmer seien ausreichend gewarnt. 4. Vielmehr muß sich ein solcher Fahrer, vor allem in einer gefährlichen Verkehrssituation, stets in geeigneter Weise vergewissern, ob die durch seine regelwidrige Fahrweise gefährdeten anderen Verkehrsteilnehmer seine Absicht erkannt haben und ihr Verhalten danach einrichten.