Haftungsverteilung bei Vorfahrtverletzung und angezeigter Abbiegeabsicht des vorfahrtberechtigten Fahrzeugs
KG, Urteil vom 23.09.1974 - Aktenzeichen 12 U 694/74
DRsp Nr. 1994/8040
Haftungsverteilung bei Vorfahrtverletzung und angezeigter Abbiegeabsicht des vorfahrtberechtigten Fahrzeugs
1. Der wartepflichtige Kraftfahrer darf im allgemeinen darauf vertrauen, daß der sich einer Einmündung oder Kreuzung nähernde vorfahrtsberechtigte Kraftfahrer, der den rechten Fahrtrichtungsanzeiger seines Fahrzeug gesetzt hat, nach rechts in die nächste Querstraße abbiegen wird. Der Vertrauensgrundsatz ist nur dann nicht zugunsten des Wartepflichtigen anzuwenden, wenn der Wartepflichtige auf Grund der Fahrweise des Vorfahrtberechtigten Zweifel bekommen mußte, ob dieser die angekündigte Fahrtrichtungsänderung tatsächlich einschlagen wird.2. Kommt es zu einem Zusammenstoß zwischen einem auf der Vorfahrtstraße befindlichen, entgegen der Ankündigung seines Fahrers nicht nach rechts abbiegenden Kfz und dem im berechtigten Vertrauen auf die angekündigte Fahrtrichtungsänderung in die Vorfahrtstraße einbiegenden wartepflichtigen Kfz, so kann der Vorfahrtberechtigte zum vollen Schadenersatz verpflichtet sein.