OLG Stuttgart - Urteil vom 19.03.2020
14 U 204/19
Normen:
BGB § 826; BGB § 31; BGB § 249 Abs. 1;
Vorinstanzen:
LG Ulm, vom 02.10.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 6 O 217/19

Rechte des Käufers eines vom sog. Diesel-Abgasskandal betroffenen Pkw

OLG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2020 - Aktenzeichen 14 U 204/19

DRsp Nr. 2020/15735

Rechte des Käufers eines vom sog. Diesel-Abgasskandal betroffenen Pkw

1. Ein Kfz-Hersteller handelt sittenwidrig i.S. von § 826 BGB, wenn er Fahrzeuge in den Verkehr bringt, deren Betriebserlaubnis im Hinblick auf die im Rahmen des EG-Typgenehmigungsverfahrens nicht offen gelegte Umschaltlogik in Frage stehen. Mit der Inverkehrgabe des Fahrzeugs bringt der Hersteller jedenfalls konkludent zum Ausdruck, dass das Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck im Straßenverkehr eingesetzt werden darf, also über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt. Diese Erklärung entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten, wenn das Fahrzeug eine Einrichtung aufweist, die bei erkanntem Prüfstandlauf eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und somit als eine nach Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO 715/2007/EG unzulässige Abschalteinrichtung anzusehen ist. 2. Als Schadensereignis i.S. von § 826 BGB ist der Abschluss des Kaufvertrages anzusehen. 3. Von einem Irrtum des Käufers ist auszugehen, da es der Lebenserfahrung entspricht, dass er von Kauf eines Fahrzeugs Abstand nehmen würde, wenn ihm bekannt wäre, dass das Fahrzeug zwar formal über eine EG-Typgenehmigung verfügt, aber wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung diese hätte nicht erhalten dürfen und somit Maßnahmen bis hin zur Stilllegung des Fahrzeugs drohen.