BVerfG - Kammerbeschluss vom 28.01.2019
1 BvR 1738/16
Normen:
GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 3 S. 1; BGB § 823 Abs. 1; BGB § 1004 Abs. 1 S. 2; KunstUrhG § 22 S. 1;
Vorinstanzen:
LG Halle, vom 20.06.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 4 S. 3/16

Abwägung zwischen Kunstfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht; Unterlassungsanspruch gegen die öffentliche Präsentation eines Porträtbildes; Präsentation des Bildes einer Minderjährigen in einem Kontext mit Gewalt und Kindesmissbrauch; Verletzung der Kunstfreiheit durch fehlende fachgerichtliche Abwägung bei der Bestimmung des Umfangs des Unterlassungsanspruchs

BVerfG, Kammerbeschluss vom 28.01.2019 - Aktenzeichen 1 BvR 1738/16

DRsp Nr. 2019/5367

Abwägung zwischen Kunstfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht; Unterlassungsanspruch gegen die öffentliche Präsentation eines Porträtbildes; Präsentation des Bildes einer Minderjährigen in einem Kontext mit Gewalt und Kindesmissbrauch; Verletzung der Kunstfreiheit durch fehlende fachgerichtliche Abwägung bei der Bestimmung des Umfangs des Unterlassungsanspruchs

1. Von der Kunstfreiheit ist nicht nur das Anfertigen eines Porträts, sondern auch die spätere Ausstellung in der Öffentlichkeit erfasst. Die Kunstfreiheitsgarantie betrifft in gleicher Weise den „Werkbereich“ und den „Wirkbereich“ künstlerischen Schaffens.2. Das umfassende gerichtliche Verbot, ein Gemälde jeglichen Dritten gegenüber öffentlich zu machen oder zu verbreiten, stellt eine besonders starke Beeinträchtigung der Kunstfreiheit dar. Auf private Klagen hin erfolgende Beeinträchtigungen der Kunstfreiheit stellen sich nicht als staatliche „Kunstzensur“ dar, sondern sind darauf zu überprüfen, ob sie den Grundrechten von Künstlern und der durch das Kunstwerk Betroffenen gleichermaßen gerecht werden.