BAG - Urteil vom 15.01.1955
1 AZR 305/54
Normen:
BGB § 134 § 139 ; GG Art. 1 Abs. 3 Art. 3 Abs. 2 Art. 3 Abs. 3 ; TVG § 1 ;
Fundstellen:
BAGE 1, 258
AP Nr. 4 zu Art. 3 GG
AuR 1955, 250
BArbBl 1955, 789
NJW 1955, 684
Vorinstanzen:
LAG Niedersachsen, vom 17.05.1954 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Sa 499/53

Arbeitsentgelt: Gleichberechtigung von Mann und Frau beim Arbeitslohn

BAG, Urteil vom 15.01.1955 - Aktenzeichen 1 AZR 305/54

DRsp Nr. 2007/23144

Arbeitsentgelt: Gleichberechtigung von Mann und Frau beim Arbeitslohn

»1. Die Verfassungssätze, daß Männer und Frauen gleichberechtigt sind (Art. 3 Abs. 2 GG), und daß niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt werden darf (Art. 3 Abs. 3 GG), sind geltende, echte Rechtsnormen und keine bloßen Programmsätze. 2. Der Gleichberechtigungsgrundsatz und das Benachteiligungsverbot umfassen auch den Grundsatz der Lohngleichheit von Mann und Frau bei gleicher Arbeit. 3. Der Lohngleichheitsgrundsatz bindet als Grundrecht nicht nur die staatliche Gewalt, sondern auch die Tarifvertragsparteien. 4. Eine Tarifklausel, die generell und schematisch weiblichen Arbeitskräften bei gleicher Arbeit nur einen bestimmten Hundertsatz der tariflichen Löhne als Mindestlohn zubilligt, verstößt gegen den Lohngleichheitsgrundsatz und ist nichtig. 5. Der Grundsatz der Lohngleichheit schließt es aus, daß die Arbeit der Frau mit Rücksicht auf die zu ihren Gunsten erlassenen Schutznormen geringer entlohnt wird. 6. Nur solche Lohndifferenzierungen sind zulässig, die auch bei Männern vorgenommen werden, wenn und soweit es sich um Arbeiten handelt, die in gleicher Weise für Männer und Frauen tariflich vorgesehen sind.