BAG - Urteil vom 27.06.1955
1 AZR 429/54
Normen:
BGB § 242 ; BetrVG (1952) § 66 Abs. 1 ; KSchG (1951) § 1 Abs. 2, Abs. 3 ;
Fundstellen:
AP Nr. 4 zu § 66 BetrVG
AuR 1955, 318
BAGE 2, 87
NJW 1955, 1374
SAE 1955, 229
Vorinstanzen:
LAG Frankfurt - Urteil - IV LA 134/54 - 27.07.1954,

Arbeitsverhältnis: Unwirksamkeit der Kündigung bei absichtlicher Verletzung der Informationsrechte des Betriebsrats

BAG, Urteil vom 27.06.1955 - Aktenzeichen 1 AZR 429/54

DRsp Nr. 2007/23099

Arbeitsverhältnis: Unwirksamkeit der Kündigung bei absichtlicher Verletzung der Informationsrechte des Betriebsrats

»1. Die vorherige Anhörung des Betriebsrats vor der Kündigung ist keine Voraussetzung der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Kündigung. Die Kündigung ohne die vorherige Anhörung des Betriebsrats ist nicht nichtig. 2. Der Erste Senat hält an der Grundsatzentscheidung vom 15. September 1954 [BAGE 1, 69] fest, nach der der Arbeitgeber, der rechtswidrig, vorsätzlich und schuldhaft die Anhörung des Betriebsrats vor der Kündigung unterlassen hat, sich im Kündigungsschutzprozeß nicht darauf berufen kann, daß die Kündigung nach § 1 Abs. 2 und 3 KSchG notwendig gewesen sei. 3. Der Senat hat mit diesen Grundsätzen weder einen weiteren Tatbestand der sozial ungerechtfertigten Kündigung geschaffen, noch eine Lücke des Gesetzes ausgefüllt, noch die Grenzen der richterlichen Bindung an Gesetz und Recht überschritten. Er hat vielmehr die elementaren, in der ganzen Welt und in Deutschland nach § 242 BGB geltenden Rechtsprinzipien der exceptio doli, des Verbots des Rechtsmißbrauchs, der Unzulässigkeit der Rechtsausübung, der Verwirkung auf die hier in Rede stehenden Fälle angewendet und die Voraussetzungen ihrer Anwendbarkeit geklärt.