BVerfG - Beschluss vom 19.01.2022
1 BvR 1089/18
Normen:
RBStV § 4 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a); RBStV § 4 Abs. 6 S. 1; SGB II a.F. § 27 Abs. 4 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1;
Fundstellen:
NJW 2022, 1526
NVwZ 2022, 481
Vorinstanzen:
VG Köln, vom 17.11.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 17 K 4481/14
OVG Nordrhein-Westfalen, vom 01.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 16 A 2902/15

Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht als Härtefall aus Gründen des geringen Einkommens; Finanzierung des Lebensunterhalts eines Beitragspflichtigen durch einen Studienkredit statt durch Sozialleistungen hinsichtlich Verletzung des Gleichheitssatzes

BVerfG, Beschluss vom 19.01.2022 - Aktenzeichen 1 BvR 1089/18

DRsp Nr. 2022/3729

Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht als Härtefall aus Gründen des geringen Einkommens; Finanzierung des Lebensunterhalts eines Beitragspflichtigen durch einen Studienkredit statt durch Sozialleistungen hinsichtlich Verletzung des Gleichheitssatzes

1. Ein nachweislich den sozialrechtlichen Regelleistungen entsprechendes oder sogar noch unterschreitendes Einkommen muss zur Begleichung von Rundfunkbeiträgen nicht eingesetzt werden.2. Die einer einkommensschwachen Person versagte Befreiung vom Rundfunkbeitrag verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, ohne dass der Staatsvertrag selbst verfassungswidrig wäre.3. Eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht als Härtefall verlangt keine vorrangige Beantragung von Leistungen nach § 7 Abs. 5 in Verbindung mit § 27 Abs. 4 S. 1 SGB II.

Tenor

Der Widerspruchsbescheid des Westdeutschen Rundfunks vom 15. Juli 2014 - 376 622 683 -, das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 17. November 2015 - 17 K 4481/14 - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. März 2018 - 16 A 2902/15 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts werden aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.