LAG Niedersachsen - Beschluss vom 06.06.2023
11 Sa 772/22
Normen:
BGB § 293; BGB § 294; BGB § 315 Abs. 1; GewO § 106 S. 2;
Vorinstanzen:
ArbG Braunschweig, vom 13.09.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ca 104/22

Differenzierung zwischen Neubeschäftigten und Bestandsarbeitnehmern in § 20a Abs. 3 und Abs. 5 IfSGAngebot der Arbeitsleistung eines Bestandsarbeitnehmers ohne ImpfnachweisBilliges Ermessen bei der Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers

LAG Niedersachsen, Beschluss vom 06.06.2023 - Aktenzeichen 11 Sa 772/22

DRsp Nr. 2023/15839

Differenzierung zwischen Neubeschäftigten und Bestandsarbeitnehmern in § 20a Abs. 3 und Abs. 5 IfSG Angebot der Arbeitsleistung eines Bestandsarbeitnehmers ohne Impfnachweis "Billiges Ermessen" bei der Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers

1. § 20a IfSG idF. vom 18.3.-16.09.2022 unterschied zwischen Bestands- und Neuarbeitnehmern. Für bereits vor dem 16.03.2022 beschäftigte Arbeitnehmer bestand kein gesetzliches Tätigkeitsverbot. Die Anordnung eines Tätigkeitsverbotes war dem Gesundheitsamt vorbehalten. 2. Ein fehlender Nachweis nach § 20a Abs. 1 IfSG stand einem wirksamen Angebot der Arbeitsleitung iSd. § 294 BGB durch den Arbeitnehmer nicht entgegen. 3. Eine Freistellung durch den Arbeitgeber kraft Direktionsrechtes bedarf jedenfalls einer Abwägung der beiderseitigen Interessen und damit einzelfallbezogenen Sachvortrags.

1. Aus § 20a Abs. 3 und Abs. 5 IfSG folgt, dass bei Neueinstellungen ab dem 16.03.2022 die Vorlage eines Impfnachweises zwingende Voraussetzung eines tatsächlichen Tätigwerdens in der Pflegeeinrichtung ist. Ebenso ergibt sich dies aus § 20a Abs. 5 IfSG für den Fall, dass das Gesundheitsamt ausdrücklich ein Tätigkeitsverbot ausspricht. Für "Bestandsarbeitnehmer" ist ein unmittelbar geltendes gesetzliches Tätigkeits- und Beschäftigungsverbot dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen.