BVerfG - Beschluß vom 14.02.1973
2 BvR 667/72
Normen:
BRAO § 1 § 3 ; GG Art. 12 Abs. 1 ; StPO § 146 Abs. 1 ;
Fundstellen:
BVerfGE 34, 293
AnwBl 1973, 107
AP Nr. 47 zu Art. 12 GG
BayVBl 1973, 302
DÖV 1973, 276
DRiZ 1973, 241
DVBl 1973, 356
JuS 1973, 379
JuS 1974, 20
JZ 1973, 311
MDR 1973, 478
NJW 1973, 696
Vorinstanzen:
BGH, vom 25.08.1972 - Vorinstanzaktenzeichen 1 BJs 6/71 - StB 18 und 20/72

Entziehung der Verteidigungsbefugnis ohne gesetzliche Grundlage - Otto Schily

BVerfG, Beschluß vom 14.02.1973 - Aktenzeichen 2 BvR 667/72

DRsp Nr. 1994/2823

Entziehung der Verteidigungsbefugnis ohne gesetzliche Grundlage - Otto Schily

»Entzieht das Gericht einem Rechtsanwalt die Verteidigungsbefugnis, weil er im Verdacht der Teilnahme an der dem Beschuldigten zur Last gelegten Straftat steht, so liegt darin ein Eingriff in die Freiheit der anwaltlichen Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG), der zur Zeit weder durch Gesetz noch durch Gewohnheitsrecht gedeckt ist.«

Normenkette:

BRAO § 1 § 3 ; GG Art. 12 Abs. 1 ; StPO § 146 Abs. 1 ;

Gründe:

A.

I. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und war Wahlverteidiger von Gudrun Enslin, gegen die der Generalbundesanwalt im Rahmen der Aufklärung von Straftaten der "Baader-Meinhof- Gruppe" ein Ermittlungsverfahren führt. Gegenstand dieses Verfahrens ist der Vorwurf, die Beschuldigte sei Mitglied einer kriminellen Vereinigung gewesen (§ 129 StGB). Am 7. Juni 1972 wurde Gudrun Ensslin in Hamburg verhaftet und der Justizvollzugsanstalt Essen überstellt. Am 12. Juni 1972 besuchte sie dort der Beschwerdeführer. Er ließ sich von ihr Strafprozeßvollmacht erteilen. Der mehrstündige Besuch fand ohne Aufsicht statt.