BGH - Urteil vom 20.06.2023
VI ZR 262/21
Normen:
BGB § 823 Abs. 1; BGB analog § 1004 Abs. 1 S. 2; GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1;
Fundstellen:
GRUR 2023, 1391
MDR 2023, 1384
MMR 2023, 836
NJW 2023, 3233
WRP 2023, 1532
ZUM 2023, 767
Vorinstanzen:
LG Berlin, vom 04.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 27 O 23/19
KG, vom 15.07.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 10 U 68/19

Erfordernis eines Mindestbestands an Beweistatsachen für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung; Verdacht der Verbundenheit eines Botschafters der Republik Armenien in Deutschland mit der armenischen Mafia zumindest in der Vergangenheit; Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch die Berichterstattung

BGH, Urteil vom 20.06.2023 - Aktenzeichen VI ZR 262/21

DRsp Nr. 2023/10995

Erfordernis eines Mindestbestands an Beweistatsachen für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung; Verdacht der Verbundenheit eines Botschafters der Republik Armenien in Deutschland mit der armenischen Mafia zumindest in der Vergangenheit; Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch die Berichterstattung

Für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen, erforderlich. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 15. Juli 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 4. Juni 2019 wird insgesamt zurückgewiesen.