BGH - Urteil vom 16.10.2023
VIa ZR 1255/22
Normen:
BGB § 823 Abs. 2; EG-FGV § 6 Abs. 1; EG-FGV § 27 Abs. 1;
Vorinstanzen:
LG Bad Kreuznach, vom 05.11.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 320/20
OLG Koblenz, vom 27.07.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 2158/21

Inanspruchnahme eines Fahrzeugherstellers wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug

BGH, Urteil vom 16.10.2023 - Aktenzeichen VIa ZR 1255/22

DRsp Nr. 2023/14935

Inanspruchnahme eines Fahrzeugherstellers wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug

1. Es ist geklärt, dass allein der Umstand, dass in einem Fahrzeug Einrichtungen vorhanden sind, die die Abgasemissionen beeinflussen, für sich genommen nicht ausreicht, um dem Verhalten der für den Hersteller handelnden Personen ein sittenwidriges Gepräge zu geben. Selbst wenn eine derartige Steuerung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) 715/2007 zu qualifizieren sein sollte, wäre der darin liegende Gesetzesverstoß für sich genommen nicht geeignet, den Einsatz dieser Steuerungssoftware durch die für den Hersteller handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen zu lassen; hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände. So setzt die Annahme von Sittenwidrigkeit in diesen Fällen jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt.