BAG - Urteil vom 27.07.2021
9 AZR 448/20
Normen:
BGB § 241; BGB § 611a Abs. 1; BGB § 613; SGB IX § 2 Abs. 3; TVöD-V v. 07.02.2006 (i.d.F.v. 30.08.2019) § 6; TVöD-V v. 07.02.2006 (i.d.F.v. 30.08.2019) § 7;
Fundstellen:
AP SGB IX 2018 _ 164 Nr. 5
ArbRB 2021, 363
AuR 2021, 526
BB 2021, 2675
DB 2021, 2837
EzA BGB 2002 _ 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 12
EzA SGB IX 2018 _ 164 Nr. 3
EzA SGB IX 2018 _ 207 Nr. 1
EzA-SD 2021, 11
NJW 2022, 206
NZA 2021, 1702
Vorinstanzen:
LAG Rheinland-Pfalz, vom 21.07.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 8 Sa 438/19
ArbG Kaiserslautern, vom 08.10.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Ca 226/19

Mehrarbeit i.S.d. § 207 SGB IXAnspruch des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst bei LeistungseinschränkungRufbereitschaft als Arbeitszeit bei spürbarem Eingriff in die persönliche Zeitgestaltung des Arbeitnehmers

BAG, Urteil vom 27.07.2021 - Aktenzeichen 9 AZR 448/20

DRsp Nr. 2021/16542

Mehrarbeit i.S.d. § 207 SGB IX Anspruch des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst bei Leistungseinschränkung Rufbereitschaft als Arbeitszeit bei spürbarem Eingriff in die persönliche Zeitgestaltung des Arbeitnehmers

Orientierungssätze: 1. Die Vorschrift des § 207 SGB IX verbietet - nach entsprechendem Verlangen des schwerbehinderten Menschen bzw. des einem solchen gleichgestellten behinderten Menschen (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IX) - die Anordnung von Mehrarbeit. Mehrarbeit in diesem Sinne ist jede über werktäglich acht Stunden (§ 3 Satz 1 ArbZG) hinausgehende Arbeitszeit. Weder die individuell vereinbarte oder tarifliche regelmäßige Arbeitszeit noch die nach § 3 Satz 2 ArbZG auf bis zu zehn Stunden täglich verlängerbare Arbeitszeit ist für die Bestimmung der Mehrarbeit iSv. § 207 SGB IX maßgebend (Rn. 23 ff.). 2. Die Vorschrift des § 164 Abs. Satz 1 Nr. räumt dem schwerbehinderten Arbeitnehmer einen einklagbaren Anspruch ein, nicht (mehr) zu Bereitschaftszeiten eingeteilt zu werden, wenn er diese wegen seiner Behinderung nicht ausüben kann. Zur Darlegung der anspruchsbegründenden Tatsachen obliegt es dem Arbeitnehmer vorzutragen, inwieweit sein Leistungsvermögen durch die Auswirkungen der Art und Schwere seiner Behinderung so eingeschränkt ist, dass er die ihm übertragenen Bereitschaftszeiten nicht mehr leisten kann (Rn. 29 f.).