BVerfG - Beschluss vom 05.05.2021
2 BvR 2023/20
Normen:
BVerfGG § 93a Abs. 2; GG Art. 103 Abs. 2; SGB V § 95 Abs. 1a;
Fundstellen:
wistra 2021, 436
Vorinstanzen:
LG Hamburg, vom 11.03.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 618 KLs 2/17
BGH, vom 19.08.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 5 StR 558/19

Betrugsstrafbarkeit im Rahmen der Abrechnung von Vergütungsleistungen durch ein Medizinisches Versorgungszentrum bei unzulässiger Beteiligung eines Apothekers; Rüge eines Verstoßes gegen das in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltene Verschleifungsverbot durch die Annahme eines Vermögensschadens

BVerfG, Beschluss vom 05.05.2021 - Aktenzeichen 2 BvR 2023/20

DRsp Nr. 2021/9011

Betrugsstrafbarkeit im Rahmen der Abrechnung von Vergütungsleistungen durch ein Medizinisches Versorgungszentrum bei unzulässiger Beteiligung eines Apothekers; Rüge eines Verstoßes gegen das in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltene Verschleifungsverbot durch die Annahme eines Vermögensschadens

1. Bei der strafrechtlichen Bewertung eines ärztlichen Abrechnungsbetruges steht im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG eine Entgrenzung des Betrugstatbestandes grundsätzlich nicht zu befürchten. Dass für die wirtschaftliche Bewertung eines Zahlungsvorganges auch die sozial- und zivilrechtlichen Rahmenbedingungen maßgeblich sind, stellt kein Spezifikum der kassenärztlichen Abrechnung dar, sondern spiegelt lediglich wieder, dass erst die Anerkennung einer Forderung durch die Rechtsordnung dieser in einem Rechtsstaat wirtschaftlichen Wert verleiht. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gericht - wie hier - nicht den wirtschaftlichen Wert der Gegenleistung in einem Vertragsverhältnis zu beurteilen hat, sondern allein die Frage, ob die Forderungen, auf die gezahlt wurde, tatsächlich bestanden.2. Soweit Kassenärztliche Vereinigungen oder Krankenkassen auf Abrechnungen trotz wegen § 95 Abs. 1a SGB V sozialrechtlich nicht bestehenden Vergütungsanspruchs irrtumsbedingt zahlen, sind sie wirtschaftlich geschädigt.

Tenor

Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.