LAG Baden-Württemberg - Beschluss vom 29.03.2023
12 Sa 3/23
Normen:
BGB § 242; BGB § 626 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 1;
Vorinstanzen:
ArbG Mannheim, vom 02.11.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 10 Ca 125/22

Prozessuale Trennung zwischen Erkenntnisverfahren und ZwangsvollstreckungsverfahrenDolo agit-Grundsatz als Ausdruck des Rechtsordnungsprinzips von Treu und GlaubenMaterielle Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung im Zwangsvollstreckungsverfahren nach dem dolo agit-GrundsatzBestand des fehlerhaften Urteils im Zwangsvollstreckungsverfahren bei nicht offensichtlicher ErgebnisfehlerhaftigkeitVollstreckung eines Weiterbeschäftigungstitels

LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.03.2023 - Aktenzeichen 12 Sa 3/23

DRsp Nr. 2023/7015

Prozessuale Trennung zwischen Erkenntnisverfahren und Zwangsvollstreckungsverfahren "Dolo agit"-Grundsatz als Ausdruck des Rechtsordnungsprinzips von Treu und Glauben Materielle Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung im Zwangsvollstreckungsverfahren nach dem "dolo agit"-Grundsatz Bestand des fehlerhaften Urteils im Zwangsvollstreckungsverfahren bei nicht offensichtlicher Ergebnisfehlerhaftigkeit Vollstreckung eines Weiterbeschäftigungstitels

1. Es ist nicht Sinn und Zweck von § 62 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ArbGG i.V.m. §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO, unter Heranziehung desselben Sachverhalts aus dem Erkenntnisverfahren erster Instanz einen dort im Wege der Interessenabwägung bejahten Anspruch auf Weiterbeschäftigung nunmehr in Abrede zu stellen. Die inhaltliche Überprüfung dieser Interessenabwägung bleibt vielmehr grundsätzlich dem Berufungsverfahren vorbehalten.2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn die Erfolgsaussichten der Berufung ganz offenkundig sind. Denn es wäre treuwidrig, eine ganz offenkundig nicht bestehende, aber dennoch titulierte Verpflichtung zwangsweise vorläufig durchzusetzen (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est).