BAG - Urteil vom 29.06.2023
2 AZR 296/22
Normen:
GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 3; GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1; GRC Art. 7; GRC Art. 8; GRC Art. 47 Abs. 2; DSGVO Art. 4 Nr. 2; DSGVO Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e; DSGVO Art. 6 Abs. 3 S. 1 Buchst. b und S. 4; DSGVO Art. 6 Abs. 4; DSGVO Art. 13 Abs. 1; DSGVO Art. 13 Abs. 2; DSGVO Art. 17 Abs. 1 Buchst. d; DSGVO Art. 17 Abs. 3 Buchst. e; DSGVO Art. 23 Abs. 1 Buchst. f und j; DSGVO Art. 82; DSGVO Art. 83; DSGVO Art. 88; BDSG § 3; ZPO § 138 Abs. 3; ZPO § 139 Abs. 1 S. 2; ZPO § 286 Abs. 1; ZPO §§ 355 ff.; BetrVG § 2 Abs. 1; BetrVG § 77; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 6; BetrVG § 102 Abs. 1; BGB § 626 Abs. 1; BGB § 626 Abs. 2; BGB § 823 Abs. 1; KSchG § 9 Abs. 1 S. 2; ArbGG § 46g S. 1;
Fundstellen:
AP BGB _ 626 Nr. 286
ArbRB 2023, 229
AuR 2023, 386
BB 2023, 1971
DB 2023, 2890
DStR 2023, 2737
DZWIR 2023, 560
EzA-SD 2023, 3
EzA-SD 2023, 5
NJW 2023, 3113
NZA-RR 2023, 632
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 32 vom 29.06.2023
Vorinstanzen:
LAG Niedersachsen, vom 06.07.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 8 Sa 1149/20
ArbG Hannover, vom 11.09.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 6 Ca 116/19

Rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Gerichte für ArbeitssachenVorrang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung vor der Verwertung rechtswidrig erlangter Daten des ArbeitnehmersKein Datenschutz bezüglich vorsätzlich begangener Pflichtverletzungen aus offener VideoüberwachungKeine Regelungsmacht der Betriebsparteien bezüglich eines prozessualen Verwertungsverbots personenbezogener Daten durch den ArbeitgeberUnzulässige Einschränkung des Rechts des Arbeitgebers zum Ausspruch außerordentlicher Kündigungen

BAG, Urteil vom 29.06.2023 - Aktenzeichen 2 AZR 296/22

DRsp Nr. 2023/8501

Rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Gerichte für Arbeitssachen Vorrang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung vor der Verwertung rechtswidrig erlangter Daten des Arbeitnehmers Kein Datenschutz bezüglich vorsätzlich begangener Pflichtverletzungen aus offener Videoüberwachung Keine Regelungsmacht der Betriebsparteien bezüglich eines prozessualen Verwertungsverbots personenbezogener Daten durch den Arbeitgeber Unzulässige Einschränkung des Rechts des Arbeitgebers zum Ausspruch außerordentlicher Kündigungen

1. In einem Kündigungsschutzprozess besteht nach Maßgabe der Datenschutz-Grundverordnung und der Zivilprozessordnung grundsätzlich kein Verwertungsverbot in Bezug auf solche Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen. Das gilt auch dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts steht. 2. Den Betriebsparteien fehlt die Regelungsmacht, ein über das formelle Verfahrensrecht der Zivilprozessordnung hinausgehendes Verwertungsverbot zu begründen, oder die Möglichkeit des Arbeitgebers wirksam zu beschränken, in einem Individualrechtsstreit Tatsachenvortrag über betriebliche Geschehnisse zu halten. Orientierungssätze: