OLG Hamm - Urteil vom 24.06.2022
30 U 90/21
Normen:
ZPO § 97 Abs. 1;
Vorinstanzen:
LG Paderborn, vom 25.03.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 3 O 518/20

Schadensersatz nach Erwerb eines vermeintlich vom Dieselskandal betroffenen FahrzeugsBegriff der SittenwidrigkeitZulässigkeit eines ThermofenstersKühlmittel-Solltemperatur-Regelung

OLG Hamm, Urteil vom 24.06.2022 - Aktenzeichen 30 U 90/21

DRsp Nr. 2022/11187

Schadensersatz nach Erwerb eines vermeintlich vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs Begriff der Sittenwidrigkeit Zulässigkeit eines Thermofensters Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung

1. Steht fest, dass die zuständige Behörde bei Nachfrage durch den Motorenhersteller die Zulässigkeit einer Abschalteinrichtung bejaht hätte, liegt ein unvermeidbarer Rechtsirrtum vor, der die Annahme eines fahrlässigen Handelns im Sinne der §§ 823 Abs. 2, 276 Abs. 2 BGB ausschließt (im Anschluss an BGH, Urteil vom 27.06.2017 - VI ZR 426/17 -).2. Ist das Vorhandensein eines sogenannten Thermofensters dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) im Typgenehmigungsverfahren angezeigt und von diesem nicht beanstandet worden, kommt eine Haftung des Motorenherstellers nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 VO (EG) 715/2007 somit mangels Verschuldens selbst dann nicht in Betracht, wenn es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handeln sollte.3. Nichts anderes gilt hinsichtlich anderer, gegebenenfalls unzulässiger Abschalteinrichtungen, wenn das streitbefangene Fahrzeug von einem Rückruf nicht betroffen ist, obwohl auch diese Abschalteinrichtung dem KBA mittlerweile längst bekannt ist. Denn dies rechtfertigt den Schluss, dass das KBA bei entsprechender Nachfrage des Motorenherstellers die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung bejaht hätte.

Tenor