BVerfG - Urteil vom 29.05.1973
1 BvR 424/71; 1 BvR 325/72
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1 Art. 5 Abs. 3 S. 1 Art. 33 Abs. 5 ; VorschaltG (Vorschaltgesetz zum niedersächsischen Gesamthochschulgesetz) § 1 Abs. 2 § 2 Abs. 2, Abs. 5 § 5 Abs. 3, Abs. 5 ;
Fundstellen:
BVerfGE 35, 79
AP Nr. 1 zu Art. 5 Abs. 3 GG Wissenschaftsfreiheit
BayVBl 1973, 352
DÖV 1973, 560
DVBl 1973, 536
JuS 1973, 641
JZ 1973, 436
MDR 1973, 640
NJW 1973, 1176

Teilweise Verfassungswidrigkeit des niedersächsischen Gesamthochschulvorschaltgesetzes

BVerfG, Urteil vom 29.05.1973 - Aktenzeichen 1 BvR 424/71; 1 BvR 325/72

DRsp Nr. 1996/8105

Teilweise Verfassungswidrigkeit des niedersächsischen Gesamthochschulvorschaltgesetzes

»1. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleistet dem Wissenschaftler einen gegen Eingriffe des Staates geschützten Freiraum, der vor allem die auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei dem Auffinden von Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe umfaßt.2. Art. 5 Abs. 3 GG ist zugleich eine das Verhältnis der Wissenschaft zum Staat regelnde wertentscheidende Grundsatznorm.Danach hat der Staat im Bereich des mit öffentlichen Mitteln eingerichteten und unterhaltenen Wissenschaftsbetriebs durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, daß das Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung soweit unangestastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist.3. Dem einzelnen Grundrechtsträger erwächst aus der Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 GG ein Recht auf solche staatlichen Maßnahmen auch organisatorischer Art, die zum Schutz seines grundrechtlich gesicherten Freiheitsraums unerläßlich sind, weil sie ihm freie wissenschaftliche Betätigung überhaupt erst ermöglichen.